10.04.2019

«Stärkerer Druck auf Entwicklungshilfegelder»

Von Andreas C. Müller

  • Die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung OECD stellte der Schweizer Entwicklungshilfe ein gutes Zeugnis aus, kritisierte allerdings die Absicht, künftig mehr Gelder gezielt an migrationspolitische Ziele zu knüpfen.
  • Beim kirchlichen Hilfswerk Fastenopfer ist man enttäuscht, dass der für die Entwicklungshilfe zuständige Bundesrat Ignazio Cassis ein zunächst vereinbartes Gespräch mit Hilfswerksvertretern hat platzen lassen.
  • Daniel Hostettler, Leiter Internationale Programme bei Fastenopfer, befürchtet, dass der Druck auf die Entwicklungshilfe weiter zunehmen wird.

 

Herr Hostettler: Nachdem auch Fastenopfer den Besuch einer umstrittenen Kupfermine von Bundesrat Cassis in Sambia kritisiert hatte, bot der Magistrat gegenüber Fastenopfer Hand zum Austausch. Nun ist es diesen Monat zu einer Aussprache gekommen. Mit Bundesrat Cassis?
Daniel Hostettler:
Nein. Wir haben gehofft, dass wir mit Herrn Bundesrat Cassis direkt ins Gespräch kommen, weil wir das Gefühl hatten, dass er die Situation der Zivilgesellschaft in den betroffenen Ländern noch zu wenig wahrgenommen hat und wir es als wichtig erachten, dass er die Situation aus der Sicht von Betroffenen einmal geschildert bekommt. Aber es kamen dann nur Fachleute aus dem EDA zu dem Treffen. Die kennen die Situation. Insofern war das, was sich aus dem Gesprächsangebot entwickelte, schon ein wenig enttäuschend.

Fastenopfer hätte Herrn Cassis also mit Betroffenen zusammengebracht, die ihm ihre Sicht hätten schildern können?
Ja, das war eigentlich die Idee. Soeur Nathalie Kangaj aus der Demokratischen Republik Kongo macht dort anwaltschaftliche Arbeit. Und auch im Kongo unterhält Glencore Minen. Es war angedacht, dass Soeur Nathalie Herrn Cassis aus erster Hand berichtet, wie sie die Situation wahrnimmt.

Gab es nichts Konkretes aus dem Austausch?
Etwas schon. Man hat uns in Aussicht gestellt, dass das EDA unsere Partnerorganisationen künftig stärker beim Austausch vor Ort miteinbeziehen wolle. Konkret jetzt in Kinshasa.

Viele Hilfswerke klagen ja aktuell, konkret unlängst die Caritas und HEKS. Nebst der wachsenden Konkurrenz auf dem Spendenmarkt machen Sie auch die DEZA verantwortlich, weil diese Ihre Mandate international ausschreibt. Aber gilt das nicht schon seit längerer Zeit?
Doch. Und es wäre auch nicht so sehr ein Problem, wenn man umgekehrt auch von der EU Entwicklungshilfegelder bekommen könnte. Aber das geht ja jetzt nicht mehr.

Inwieweit betrifft das auch Fastenopfer? Wie viel Geld bekommt ihr von der DEZA?
Aus der EU haben wir im Gegensatz zu beispielsweise der Caritas nie Mittel bezogen. Aber die Programmbeiträge von Seiten der DEZA machen rund einen Viertel von unserem Budget aus. Das ist schon ein wichtiger Beitrag.

Nun soll ja die Entwicklungshilfe auch gekürzt werden. Die SVP will gar mit einer Initiative das Geld in die AHV umverteilen? Wie wahrscheinlich sind diese Szenarien?
Die SVP-Initiative hat wohl nicht viel Chancen. Auch im Parlament haben noch weite Kreise der Bürgerlichen viel Verständnis für Entwicklungshilfe. Doch der Druck auf staatliche Entwicklungshilfegelder wird zunehmen. Hinzu kommt, dass sich die Schweiz auch zu Zahlungen an den Klimaschutz und die Migrationsthematik verpflichtet hat. Ein Grossteil des Geldes hierfür wird dann wohl aus der Entwicklungshilfe fliessen. Was das dann für uns Hilfswerke bedeutet, ist noch völlig unklar. Wir müssen schauen, wie sich das entwickelt. Das ist im Moment alles sehr volatil.

Und bei Kürzungen der Programmbeiträge?
Das würde sicherlich auch für uns heissen, dass wir Programme schliessen und Stellen abbauen müssten.

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