13.01.2014

Der Kopten-Papst auf Besuch in Bad Zurzach

Von Horizonte Aargau

Weltweit gibt es gegen 15 Millionen koptische Christen. Tawadros II. ist seit November 2012 deren Oberhaupt in Ägypten und somit offiziell «Papst von Alexandrien, Patriarch von ganz Afrika und des Stuhls des heiligen Markus».

Der Moment hat den Zauber eines historischen Augenblicks. Papst Tawadros II. betritt am Dreikönigstag 2014 zusammen mit einer Entourage von rund 20 Personen und mit Marcus Hüttner, Gemeindeleiter ad interim der Pfarrei St. Verena, das Verenamünster in Bad Zurzach. Bei seinem Eintritt in die Kirche berührt das Oberhaupt der koptischen Christen mit seinem kleinen Handkreuz zuerst den Boden des Münsters und küsst danach das Kreuz. Anschliessend zieht er in Begleitung von Bischof Anba Gabriel, dem Bischof der Kopten für Österreich und die Deutschschweiz, und gemeinsam mit den anderen anwesenden Priestern und Gläubigen, singend in die Kirche ein. Sein Blick ist auf den prächtigen Hochaltar des Münsters gerichtet. Arabischer Gesang erfüllt Langhaus und Chor des Münsters voll und ganz – minutenlang. Danach folgt ein «VaterUnser» auf Arabisch. Ein wahrlich multikultureller Moment im Verenamünster von Bad Zurzach. Begleitet wird der «Einzug» vom unaufhörlichen Blitzen und Klicken der Fotoapparate und Smartphones. Alle wollen diesen seltenen Moment festhal- ten. Es wird auch gefilmt. Hautnah mit dabei ist der arabische TV-Sender «ctv», der offizielle Fernsehkanal der koptisch- orthodoxen Kirche in Ägypten.

Brücken schlagen
Das verbindende Element an diesem Vormittag mitten im Dezember ist die heilige Verena, die ursprünglich aus Theben in Oberägypten stammt, aber in Bad Zurzach begraben liegt. Sie schlägt Brücken und verbindet unterschiedliche Konfessionen, in diesem Fall die katholischen und die koptischen Christen. Nicht nur im Pfarrhausgarten von Bad Zurzach ist eine Verena-Statue zu sehen, auch im Garten der Schweizer Botschaft in Kairo steht eine solche – und dies nicht ohne Grund. Die heilige Verena ist in Ägypten ein Begriff, seit im Herbst 1986 eine kirchlich-ökumenische Delegation aus Bad Zurzach der koptischen Kirche in Ägypten Reliquien der heiligen Verena überbrachte jedoch noch mehr als zuvor. Die Verbindung zur Bad Zurzacher Verena wurde mit einer zweiten Reliquien-Übergabe im Rahmen eines Bischofsbesuchs im Flecken vor sechs Jahren weiter gefestigt.

Ein Stück Papyrus, eine Kreuzikone und Reliquien
Dass der koptische Papst persönlich in Bad Zurzach vorbeischaut, ist dennoch eine Premiere und ein Ereignis mit Seltenheitswert. Gemeindeleiter Marcus Hüttner sprach darum im persönlichen Austausch mit Papst Tawadros II. von einer grossen Ehre und von einem Ereignis, das die heilige Verena im Him- mel sicher begrüsse. Der Papst selbst erwiderte die anerkennenden Worte und lud Hüttner seinerseits zu einem Besuch nach Ägypten ein. Im gleichen Atemzug überreichte er eine historische Papyrusschrift und eine wunderschön verarbeitete Kreuzikone, wie sie bei den Kopten aus Ägypten Tradition hat. Bei der anschliessenden Führung durchs Verenamünster – geleitet wurde die Gruppe von Arthur Vögele, Stiftungsratspräsident der St. Verena-Stiftung – gab’s für die päpstliche Gruppe einen historischen Abriss im Kurzraffer, quasi mit simultaner Arabischübersetzung. Höhepunkt war dann sicherlich die Übergabe von kleinen Reliquien an den Papst und zweier seiner Bischöfe. Sofort wollten alle Mitglieder der koptischen Gemeinde den Gegenstand küssen. Aus Bad Zurzacher Sicht ein Highlight war das darauffolgende gemeinsame Gebet mit dem «anderen» Papst.

Der heiligen Verena näherkommen
Den Abschluss des geschichtsträchtigen Besuchs markierten dann drei kurze Halte: Ein kurzer Besuch des ältesten in Bad Zurzach erhaltenen Freskos der heiligen Verena aus dem 15. Jahrhundert, ein kurzer Besuch des Kirchenschatzes – Papst Tawadros II. durfte mit dem Verena-Arm die bedeutendste Reliquie in die Hand nehmen – und zum Schluss ein kurzer Besuch der Krypta inklusive Predigt des Papstes. Die Stippvisite dauerte insgesamt nicht lange. Etwa um 10.45 Uhr kam der Tross an, genoss im Forum kurz Tee und Gebäck und verliess den Flecken nach dem Mittagessen bereits wieder. Papst Tawadros II. befindet sich zurzeit auf einer Europareise und besucht neben Bad Zurzach (und dem Kloster Einsiedeln) auch einige der koptischen Hauptgemeinden in Deutschland und Österreich. Den Besuch von St. Maurice im Wallis hat er für nächstes Jahr angekündigt.

Thomas Färber

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