28.09.2015

Der Papst begeistert die USA

Von kath.ch/acm

Papst Franziskus hat in Philadelphia die weltweite Anerkennung der Religionsfreiheit eingefordert. Mit dem Besuch des Welttreffens der Familien endete sein mehrtägiger USA-Besuch.

Philadelphia war die letzte Station der USA-Reise des Papstes. Vorausgegangen waren denkwürdige Momente in Washington und New York. Da waren das Treffen mit US-Präsident Barak Obama, die Rede vor dem Kongress, der Besuch am Ground Zero und die Messe im Madison Square Garden. Einmal mehr bewies der Papst auch auf dieser Auslandsreise, dass ihm ernst ist mit einer «Kirche für die Armen». Die Einladung der Kongressmitglieder zum Mittagessen schlug Franziskus aus und nahm einen Lunch zusammen mit Obdachlosen.

Improvisation nach bewegenden Begegnungen
Mit Blick auf die bevorstehende Weltbischofssynode zu Familienfragen im Vatikan besuchte der Papst am Wochenende das Weltfamilientreffen in Philadelphia. Es gilt es als wichtiges Stimmungsbarometer für mögliche innerkirchliche Reformen in der Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene oder Homosexuelle. Zum Abschlussgottesdienst mit Franziskus am Sonntag erwarteten die Veranstalter mehr als eine Million Teilnehmer. Im Rahmen in einer Nachtvigil am Samstag hatte Franziskus sich bereits zum Thema Familie geäussert – allerdings ohne auf die Definition von Familie in einem erweiterten Kontext einzugehen. In diesem Sinne hatte auch Philadelphias konservativer Erzbischof Charles Chaput liberalere Katholiken vor Enttäuschungen gewarnt. «Was die Leute von Franziskus hören, ist anders im Ton, nicht im Inhalt.» Gleichwohl legte der Papst nach teils bewegenden Begegnungen mit Familien, die ihre Lebensgeschichten berichtet hatten, sein Redemanuskript beiseite und improvisierte. Der Wunsch nach Familie sei «Teil von Gottes Traum» für die Menschheit, der fortwährend wahr werde in den Träumen vieler Paare, die sich entschliessen, ihr Leben als Familie zu gestalten, so Franziskus. Gott wolle in der Familie mit seiner Liebe gegenwärtig werden, was dann gelinge, «wenn die Familie fähig ist, die Arme zu öffnen und diese ganze Liebe zu empfangen». Freilich sei das Familienleben nicht immer leicht, gestand der Papst ein. «Es fliegen auch schon mal Teller. Und Kinder machen Kopfschmerzen – von den Schwiegermüttern gar nicht erst zu sprechen.» Kinder bescherten den Eltern Arbeit, so der Papst, der auf seine Begegnung mit den im Vatikan tätigen Jungeltern verwies, die manchmal mit tiefen Augenringen in der Arbeit erschienen, wenn ihr Neugeborenes die ganze Nacht nicht geschlafen habe.

Motivation zur Justizreform
Am Sonntag hatte der Papst in Philadelphia auch das Curran-Fromhold-Gefängnis besucht. Dass sich Franziskus in seinem vollgepackten Programm seines USA-Besuchs Zeit für die Begegnung im Curran-Fromhold-Gefängnis nimmt, wird in den USA auch als ein politisches Signal verstanden. Nirgends auf der Welt gibt es – bezogen auf die Gesamtbevölkerung – so viele Gefangene wie in den USA. Mehr als 2,3 Millionen sind es im ganzen Land, 716 auf 100 000 Einwohner. Damit liegt der durchschnittliche Wert der USA laut einer Statistik des «International Center for Prison Studies» über demjenigen von Russlands (475), oder Chinas (121). Gründe für die hohe Häftlingszahl sind strenge Drogengesetze, verbindliche Mindeststrafen ohne jeden Spielraum für die Justiz sowie die berüchtigte «Three Strike»-Regel, die Personen selbst bei kleineren Vergehen lange hinter Gitter bringen kann. Sie sind das Ergebnis einer Politik unnachgiebiger Härte, die einmal als Antwort auf Gang- und Drogengewalt gedacht war. Hinzu kommt, dass in den USA Schwarze weitaus rascher und häufiger im Gefängnis landen. Obwohl Schwarze nur neun Prozent der Bevölkerung ausmachen, stellen sie vierzig Prozent der Knastinsassen. Die Wahrscheinlichkeit, wegen desselben Vergehens im Gefängnis zu landen, ist bei schwarzen im Vergleich zu weissen Bürgern 25 Mal höher.

Chancengleichheit für Migranten
Am Freitag hatte der Papst vor der UNO-Vollversammlung in New York eine gerechtere Machtverteilung in der internationalen Gemeinschaft gefordert. Zum Auftakt des UN-Nachhaltigkeitsgipfels sagte er vor Staats- und Regierungschefs, ausnahmslos alle Länder müssten Einfluss auf die Entscheidungen der Vereinten Nationen bekommen. Anschliessend rief der Papst an der Gedenkstätte der Terroranschläge des 11. September 2001 die Kulturen und Religionen der Welt zum Schulterschluss gegen Gewalt und Terror auf. Gemeinsam könnten sie ein «machtvolles Zeichen» für den Wunsch nach Versöhnung und Frieden in der Welt setzen. Vor Schülern im New Yorker Stadtteil Harlem forderte Franziskus Chancengleichheit für die Kinder von Migranten. Alle Kinder hätten das Recht auf Bildung und den Traum von einer besseren Welt.

Zehntausende feiern den Papst im Central Park
Vor seiner Messe im Madison Square Garden genoss Franziskus das Bad in der Menge. Als der weisse Papst-Jeep am Freitagabend (Ortszeit) in den Central Park einbog, brach ohrenbetäubender Jubel aus, der das katholische Kirchenoberhaupt entlang seiner Route begleitete. Zehntausende New Yorker bereiteten Papst Franziskus am Freitag im Central Park einen begeisterten Empfang. Die Parade war von enormen Sicherheitsmassnahmen begleitet. Die Polizei räumte ein, von dem massiven Andrang überwältigt worden zu sein. Viele tausend New Yorker blieben in den Schlangen an den Kontrollen stecken. Die Enttäuschung derer, die eine Karte für den Autokorso hatten, wurde durch einen Regenbogen gemildert, der unmittelbar vor dem Eintreffen des Papstes über dem Park aufging. Bürgermeister Bill de Blasio hatte sich für die nachträglich ins Programm genommene Begegnung stark gemacht, um möglichst vielen New Yorkern Gelegenheit geben, Papst Franziskus persönlich zu erleben. Anschliessend feierte der Papst mit rund 20 000 Menschen eine Messe im Madison Square Garden.

Themen Aktuelles Welt
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