19.09.2022

7. Aargauer Kapellenwanderung passierte sakrale Stätten von Kaiserstuhl bis Wislikofen
Der Weg führte tatsächlich aufwärts

Von Christian Breitschmid

  • Die 7. Aargauer Kapellenwanderung führte durchs Studenland und liess für ihre 45 Teilnehmer einen alten irischen Reisesegen wundersam spürbar werden.
  • Der Segen brachte gutes Wanderwetter und hielt die kulturhistorisch sehr interessierten Pilger bei bester Laune.
  • Nach dieser gelungenen 7. Durchführung, denken die Veranstalter bereits über die Kapellenwanderung Nr. 8 nach.

Bernhard Lindner weiss genau, was Pilger brauchen. Der Theologe und Supervisor BSO, erfahrener Organisator und Leiter sowohl kleiner als auch grosser Pilgerreisen, bezeichnet sich selber als «Lebenspilger». Zusammen mit Stefan Günter, dem Pfarreiseelsorger von Wislikofen-Kaiserstuhl, hatte er die 7. Aargauer Kapellenwanderung im Auftrag der landeskirchlichen Fachstelle Bildung und Propstei vorbereitet, und gemeinsam führten die beiden am 17. September eine 45-köpfige Pilgerschar von Kaiserstuhl, via Fisibach und Rümikon, nach Wislikofen und Mellstorf.

Bewährtes Konzept

Seit der allerersten Kapellenwanderung, 2012, hat sich das Konzept dieser kleinen Fusswallfahrten bestens bewährt. In leicht zu bewältigenden Etappen wandern die Teilnehmer auf einer vorab festgelegten Route, die sie an sehenswerten Kapellen, aber auch Kirchen oder besonderen Bildstöcken und Wegkreuzen des Kantons Aargau vorbeiführt. Vor Ort erhalten die Kapellenwanderer dann kulturhistorische Informationen zur jeweiligen Kultstätte, in der Regel von einheimischen Fachleuten. Dazu liefern die Spezialisten der Fachstelle dann spirituelle Impulse in Form von Gebeten, Liedern und besinnlichen Texten.

Begleitete Schritte

Stadtführer Robert Ritzmann bringt den Kapellenwanderern die Deckengemälde der Stadtkirche St. Katharina in Kaiserstuhl näher. | Foto: Christian Breitschmid
Dieses Mal traf Bernhard Lindner mit der Spendung eines alten irischen Reisesegens den Nagel besonders auf den Kopf. Nachdem die Wandergruppe zum Auftakt ihrer Reise in der Stadtkirche St. Katharina Kaiserstuhl von Stadtführer Robert Ritzmann viel Wissenswertes über die Kirche und ihre künstlerische Ausgestaltung erfahren hatte, sprach Lindner die schon beinahe prophetischen Worte: «Möge dein Weg dir freundlich entgegenkommen, möge der Wind dir den Rücken stärken. Möge die Sonne dein Gesicht erhellen und der Regen um dich her die Felder tränken. Und bis wir beide, du und ich, uns wiedersehen, möge Gott dich schützend in seiner Hand halten. Gott möge bei dir auf deinem Kissen ruhen. Deine Wege mögen dich aufwärts führen, freundliches Wetter begleite deinen Schritt. Und mögest du längst im Himmel sein, wenn der Teufel bemerkt, dass du nicht mehr da bist.»

Obwohl immer wieder Regenwolken über den Himmel zogen, waren es doch nur vereinzelte Tropfen, die auf den Windjacken der Wanderer landeten. Ansonsten waren es tatsächlich die Sonne und der Wind, die den Schritt der Pilger freundlich begleiteten. Die Sonne wärmte, und der Wind bot eine willkommene Abkühlung, wenn der flotte Gang unter angeregten Gesprächen über Gott und die Welt den Kreislauf ankurbelte.

Den Genius Loci spüren

Das Rundfenster im Chor der Annakapelle Rümikon zeigt die Kapellenpatronin mit ihrer Tochter, der späteren Gottesmutter Maria. | Foto: Christian Breitschmid
Der Weg führte, wie im Reisesegen auch erwünscht, tatsächlich «aufwärts». Nicht nur im geographischen Sinne, sondern auch spirituell. Die Aargauer Kapellen sind wahrhafte Quellen der Ruhe und der Einkehr, aber auch der Inspiration. Man spricht nicht vergebens vom Genius Loci, dem Geist des Ortes, der in solchen Gemäuern wirkt. Seien das, wie zum Beispiel in der Friedhofskapelle Kaiserstuhl, die 14 Nothelfer oder die heilige Agatha, die als Patronin über die gleichnamige Kapelle in Fisibach wacht. In Rümikon nähert man sich der Gottesmutter Maria über deren Mutter, die heilige Anna. Beide leuchten von einem prächtigen Rundfenster im Chor auf die Besucher herab. In der Sebastians- und Fridolinskapelle in Mellstorf kann man sich in Betrachtung des Altars auf die Geheimnisse des freudenreichen, des schmerzvollen und des glorreichen Rosenkranzes einlassen.

Den Abschluss der Wanderung legten die Veranstalter in die Propstei Wislikofen. Sie ist nicht nur das Bildungs- und Seminarhaus der Römisch-Katholischen Kirche im Aargau und Sitz der Fachstelle Bildung und Propstei, sie ist auch ein echter Kraftort, der die Seele mit Energie versorgt. Die Kirche der Propstei hat in ihrer bald 900-jährigen (Bau-)Geschichte so manches erlebt. Was sie aber weltweit einmalig mache, so Stefan Günter in seinen Ausführungen zum schlichten Gotteshaus, sei der Umstand, dass sich über der Kirche noch Gästezimmer befänden: «In keiner Kirche der Welt wohnt sonst jemand noch über dem Herrgott.»

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