16.05.2022

Langjährige Verbindung zwischen Rudolfstetten und der Missionsgesellschaft Bethlehem
Ein Jubiläum wider das Vergessen

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Im Jahr 1896 zog der französische Priester Pierre-Marie Barral mit seiner frisch gegründeten «Ecole apostolique de Bethléem» ins Hotel Wilhelm Tell an der Hohlen Gasse in Immensee. Hier nahm die Missionsgesellschaft Bethlehem ihren Anfang.
  • Dieses Jahr feiert die Missionsgesellschaft Bethlehem SMB ihr 100-Jahr-Jubiläum. Gefeiert wird auch in Rudolfstetten, das seit Jahrzehnten enge Verbindungen zu Immensee pflegt.
  • Der Freundschaftskreis SMB sorgt dafür, dass das segensreiche Wirken der Priester und Brüder nicht vergessen geht.

Auf einer Anhöhe an bester Lage, mit Blick auf Zuger- und Vierwaldstättersee, unweit der sagenumwobenen Hohlen Gasse, liegt der Friedhof der Missionsgesellschaft Bethlehem Immensee SMB. Hier ruhen die verstorbenen Patres und Brüder. Hier enden Geschichten.

Der Friedhof der Missionsgesellschaft Bethlehem auf einer Anhöhe mit Blick auf Vierwaldstätter- und Zugers. | Foto: Marie-Christine Andres

Es sind abenteuerliche Lebensgeschichten, die Zeugnis ablegen vom Pioniergeist, der Menschlichkeit und vom tiefen Glauben der SMB-Missionare. Am Fusse des Hügels, «im Bethlehem», wie das Mutterhaus der Missionsgesellschaft Bethlehem im Volksmund genannt wird, nahmen die Geschichten Ende des 19. Jahrhunderts ihren Anfang. Von hier aus reisten in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Missionare nach Asien, Afrika und Lateinamerika, um den interkulturellen und interreligiösen Austausch zu fördern und das Wort Gottes zu verkünden. Im Jahr 1921 wurde die Missionsgesellschaft durch ein päpstliches Dekret beglaubigt. Nun finden die Feierlichkeiten zum 100-Jahr-Jubiläum statt.

Enge Verbindung nach Rudolfstetten

Am Sonntag, 29. Mai, feiert die Pfarrei Rudolfstetten das 100-Jahr-Jubiläum der Missionsgesellschaft Bethlehem mit einem Gottesdienst. Zwischen dem Aargauer Pastoralraum Am Mutschellen und Immensee besteht eine langjährige Verbindung. Vier Missionspriester stammen von hier: Franz Brem (1914-1988), Kilian Hüsser (1941-1980), Kaspar Hürlimann (1919-2007) sowie Ernst Wildi, geboren 1941, ein Quell an Erinnerungen und Anekdoten. Auf die Frage, warum am Mutschellen eine solche Häufung an SMB-Mitgliedern zu finden sei, antwortet er mit Schalk: «Das müssen wir beim jüngsten Gericht Gott selber fragen.»

Jubiläumsgottesdienst am 29. Mai

Der Jubiläums-Gottesdienst «100 Jahre SMB» findet am Sonntag, 29. Mai, um 9.30 Uhr in der Kirche Christkönig in Rudolfstetten statt. Musikalisch begleitet wird die Feier Mathias Schiesser (Perkussion), Sarmenstorf, und Heinz Fischer (Saxophon), Menziken. Anschliessend Suppezmittag und gemütliches Zusammensein.

Zusammen mit Beatrice Koller Bichsel aus Berikon und Maria Felber aus Rudolfstetten bereitet Ernst Wildi den Jubiläumsgottesdienst vor. Maria Felber und Ernst Wildi sind seit der Schulzeit Freunde. Als er als Missionar im Ausland unterwegs war und 26 Jahre lang in Sambia lebte, blieb Maria Felber stets sein «Anker» in die Heimat. Ihre Freundin Beatrice Koller kam 1976 nach Rudolfstetten. Als die beiden Frauen vor einigen Jahren nach Santiago pilgern wollten, schlossen sie sich einer Pilgergruppe aus Küssnacht an. Aus diesen Freundschaften entstand die Mitarbeit von Beatrice Koller in der Kerngruppe des Freundschaftskreises.

Der Freundschaftskreis

Der Freundschaftskreis wurde durch einen Beschluss des SMB-Generalkapitel im Jahr 2013 gegründet und nahm seine Arbeit im Jahr 2016 auf. Er fördert Kontakte mit den SMB-Mitgliedern, pflegt das SMB-Gedankengut und trägt es in die Öffentlichkeit. Geleitet wird der Freundschaftskreis von einer Kerngruppe, zu der Beatrice Koller gehört. Das Jubiläum ist für sie ein wichtiger Anlass, an die Leistungen der Missionsmitglieder zu erinnern: «Es ist enorm, was die Missionare über die Jahre geleistet und erlebt haben.»

Vor ein paar hundert Jahren war das Ziel der Missionierung die «Heidenbekehrung». Das ist längst überholt. Ernst Wildi kam 1974 nach Sambia, weil ihn die Bischofskonferenz als Dozenten für Theologie ans Nationale Priesterseminar berufen hatte. Die Bethlehem-Missionare seien geschätzt worden, weil sie auf die Bedürfnisse der Menschen eingingen: «Statt einer Kirche haben wir zuerst einen Garten angelegt.» Auch Schulen und Krankenstationen wurden von den Missionaren aufgebaut.

Beste Zeit in den 1950er-Jahren

Die Bethlehem Missionsgesellschaft ist kein Orden. Sie ist kirchenrechtlich eine «Gemeinschaft des apostolischen Lebens» mit Priestern und Brüderm, die endgültige Versprechen von Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam ablegen. In den 1950er- und 1960er Jahren waren zahlreiche Missionare und Missionarinnen in Afrika, Asien und Südamerika im Einsatz. Die Missionsgesellschaft Bethlehem hatte damals, eingerechnet die Seminaristen, 440 Mitglieder. Spendenaufrufe brachten jeweils stattliche Summen zusammen.

Neues entsteht

Auf dem Gelände der Missionsgesellschaft Bethlehem in Immensee sind in den letzten Jahren Mehrgenerationen-Wohnungen gebaut worden. | Foto: Marie-Christine Andres
In Zukunft wird sich die SMB neu ausrichten müssen. Heute sind noch etwa 15  Bethlehem-Missionare im In- und Ausland tätig. Im Mutterhaus in Immensee leben 30 Patres, der Altersdurchschnitt beträgt 84 Jahre. Weil der Nachwuchs fehlt, haben sich die Ausbildungsstrukturen nach und nach aufgelöst. Der bereits vor der Gründung der SMB etablierte «Verein Missionshaus Bethlehem» VMB trägt die Verantwortung für Finanzen und Immobilien. Das Gymnasium Immensee wird seit 1995 von einer Stiftung getragen.

Miteinander leben und füreinander das sein, das sind Werte, welchen die SMB stets nachgelebt hat. Diese verwirklicht sie seit kurzem auf ihrem Gelände in Immensee, wo letztes Jahr die ersten Mieter in die rund 50 Wohnungen der Mehrgenerationensiedlung «Im Bethlehem» eingezogen sind. Eine junge Pachtfamilie hat den missionseigenen Landwirtschaftsbetrieb übernommen. So bezieht das Bistro im Bethlehem einen Teil der Lebensmittel direkt vom Hof.

Zur rechten Zeit am rechten Ort

Die Freude über neu Entstehendes mischt sich mit der Wehmut um Vergehendes. Schon mehrmals, erzählt Ernst Wildi, habe er einen sterbenden Mitbruder getröstet mit den Worten: «Du warst zur rechten Zeit am rechten Ort und hast einen guten Job gemacht.» 

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