15.09.2022

Der Kirchenchor St. Sebastian Wettingen singt am Bettag die «Messe mit dem Schweizerpsalm»
Ein Werk mit vielen Vätern

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Der Kirchenchor St. Sebastian Wettingen singt diesen Sonntag, 18. September, im Bettagsgottesdienst die «Messe mit dem Schweizerpsalm» von Hubert Spörri.
  • Ein Werk, das die Komponisten Benno Ammann und J. B. Hilber entworfen haben, basierend auf der berühmten Melodie von Alberich Zwyssig.
  • Der Wettinger Zisterziensermönchs Alberich Zwyssig und der reformierte Dichter Leonhard Widmer haben mit dem Schweizerpsalm in schwierigen politischen Zeiten ein überkonfessionelles Gemeinschaftswerk geschaffen.

«Vor jedem Fussballländerspiel kommt mir das Kloster Wettingen in den Sinn», sagt Walter Brühlmeier. Er ist weder Mönch noch Fussballer, doch wenn die Schweizer Nationalhymne, der «Schweizerpsalm», erklingt, wandern seine Gedanken zum Ursprungsort dieses besonderen Musikstücks.

Brühlmeier singt als Tenor im Kirchenchor St. Sebastian Wettingen, welcher am kommenden Bettag die «Messe mit dem Schweizerpsalm» von Hubert Spörri aufführt. Der Ursprung des «Schweizerpsalms» – und damit auch der Ursprung von Spörris Messe – liegt im Zisterzienserkloster Wettingen.

Pater Albericus Zwyssig

Hier trat der 13-jährige Johann Josef Zwyssig aus Bauen im Kanton Uri im Jahr 1921 in die Klosterschule ein. Als Pater Albericus, Alberik oder Alberich war er im Kloster Wettingen Priester, Lehrer, Sekretär des Abtes und Kapellmeister. Zur Amtseinsetzung eines Pfarrers in der Wettinger Dorfkirche komponierte Pater Alberich Zwyssig eine Festmesse. Bestandteil dieser Messe war ein Stück mit dem Namen «Diligam te Domine» (auf Deutsch: «Ich werde dich lieben, Herr»).

Aufführung

Der Kirchenchor St. Sebastian Wettingen singt die «Messe mit dem Schweizerpsalm» unter der Leitung von Eric Maier am Sonntag, 18. September, um 9.30 Uhr in der Kirche St. Sebastian, Wettingen. Die Aufführung wird von einem Streicherensemble, vier Solisten und der Organistin Lysiane Salzmann begleitet.

Die Geburt des Schweizerpsalms

Mit seinem Beschluss im Jahr 1841, alle Klöster aufzuheben, trug der Grosse Rat des Kantons Aargau unbeabsichtigt dazu bei, dass aus der Melodie des «Diligam te Domine» mehr als hundert Jahre später die Schweizer Nationalhymne wurde. Nach der Vertreibung aus Wettingen kam Mönch Alberich nämlich bei seinem Bruder Peter in der Nähe der Stadt Zug unter.

Dort kam er in Kontakt mit Leonhard Widmer und dessen Gedicht «Schweizerpsalm». In Absprache mit Widmer unterlegte Zwyssig die Worte des Gedichts seinem «Diligam te Domine». Der Schweizerpsalm war geboren.

Denkmal für Pater Alberich Zwyssig im Hof des Klosters Wettingen. Hier lebte Zwyssig von 1821 bis 1841 als Zisterziensermönch. | Foto: Marie-Christine Andres

Der Sohn vollendet das Werk

«Hundert Jahre später kommen die Spörris ins Spiel», erklärt Walter Brühlmeier. Im Jahr 1954 begann auf Initiative des Wettinger Arztes und Musikers Oskar Spörri die Geschichte der «Messe mit dem Schweizerpsalm». Spörri gab die Messe in Auftrag und wollte sie bei der Einweihung des Denkmals für Alberich Zwyssig im Kloster Wettingen aufführen lassen. Das Werk kam jedoch nicht zustande. 

In den 1990er-Jahren fand Hubert Spörri, Wettinger Lehrer, Musiker, Schriftsteller und Künstler, im Nachlass seines verstorbenen Vaters Fragmente einer «Missa Wettingensis» von Benno Ammann und J.B. Hilber. Spörri ergänzte die Messe und komponierte sie zu Ende. Der Schweizerpsalm als Ganzes kommt als «Diligam te Domine» innerhalb der Messe vor. Als Thema durchziehen Tonfolgen aus dem Schweizerpsalm die ganze Messe.

Bei Chören beliebt

Seit der Uraufführung im Jahr 2004 anlässlich des 150. Todestages von P. Alberik Zwyssig wurde die Messe über 300 Mal aufgeführt. Zahlreiche Chöre haben das Werk ins Repertoire aufgenommen. Der Höhepunkt war die Aufführung der Messe im Vatikan anlässlich der Vereidigung der neuen Schweizergardisten. 

Walter Brühlmeier hat als Sänger bei der Uraufführung wie auch bei der Einspielung einer CD unter der Leitung von Marcel Bamert aus Wegenstetten mitgewirkt. Letztes Jahr hat er die Messe mit dem Kirchenchor Spreitenbach mit Chorleiterin Wilma Neumann eingeübt. Die Aufführung konnte aber wegen der Pandemiemassnahmen nicht stattfinden.

Überkonfessionelles Gemeinschaftswerk

Der Schweizerpsalm von Alberich Zwyssig und Leonhard Widmer ist ein überkonfessionelles Gemeinschaftswerk. 1981 wurde er definitiv zur Landeshymne erhoben. Aus der Begeisterung von Vater und Sohn Spörri ging die «Messe mit dem Schweizer Psalm» hervor. Am kommenden Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag ist die Messe in der Wettinger Kirche St. Sebastian zu hören.

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