11.08.2022

Die Personalplanung im Bistum Basel ist nicht leicht, wenn es grundsätzlich an Theologen mangelt
«Eine Lücke lässt sich nicht immer so einfach schliessen»

Von Peter W. Frey

  • Gesucht sind Priester, gesucht sind Leitungspersonen von ­Pastoralräumen, gesucht sind Theologinnen und Theologen für die Pfarreiseelsorge.
  • Im Namen von Bischof Felix und diesem direkt unterstellt, sucht Personalchef Andreas Brun nach Lösungen in der wachsenden Personalnot.

«Wir suchen eine kompetente und engagierte Persönlichkeit als Pastoralraum- und Gemeindeleiter (100%).» Zehn solcher und ähnlicher Stellenausschreibungen für Leitungsstellen sind – Stand Anfang August 2022 – auf der Webseite des Bistums Basel publiziert, zwei davon aus dem Aargau (Pa-​storalraum Zurzach-Studenland und Pastoralraum Region Laufenburg). Bei acht der zehn Ausschreibungen ist die Bewerbungsfrist schon längere Zeit abgelaufen, in einem Fall schon fast zwei Jahre. Es macht den Eindruck, das Bistum Basel suche händeringend nach Personal.

483 Pfarreien und 470 Priester

Theoretisch könnte in fast jeder der 483 Pfarreien des Bistums Basel ein Priester wirken. Denn die Personalstatistik für 2022 weist 470 Priester aus. Für 304 von ihnen ist das Bistum Basel kirchenrechtliche Heimat, sie sind in der Diözese sogenannt inkardiniert. 82 Priester stammen aus anderen Diözesen, vor allem aus dem Ausland, und 84 Kleriker sind Ordenspriester.

Die Zahl 470 ist aber eben nur eine theoretische Grösse. Unter anderem müssen davon in Abzug gebracht werden die vielen Priester im Ruhestand, jene Kleriker, die ausserhalb des Bistums tätig sind, sowie Priester, die Leitungsfunktio-nen im Bistum und den Bistumsregionen ausüben. Vor fünfzig Jahren, 1972, zählte das Bistum noch 1181 Priester, also mehr als doppelt so viele wie 2022. Allerdings: Neben den Priestern arbeiten heute im Bistum 128 Diakone, 489 Frauen und Männer in der Pfarreiseelsorge und 137 in der Katechese. Es wirken also heute, so betont das bischöfliche Personalamt, mehr Männer und Frauen mit einer bischöflichen Missio (bischöflicher Auftrag) im Bistum als vor 50 Jahren – und dies bei einer rückläufigen Zahl von Katholiken. 1972 zählte das Bistum 1’156’000 Personen, heute sind es rund 867‘000 ab 15 Jahren.

Diakon Andreas Brun-Federer, als Personalverantwortlicher direkt Bischof Felix Gmür unterstellt, bestätigt im Gespräch mit Horizonte, dass die Personalplanung im grössten Schweizer Bistum eine grosse Herausforderung ist und bleibt: «Die Priesterberufungen aus dem Bistum Basel nehmen schon lange und signifikant ab. Das wird sich nicht verändern. Und die Generation der Babyboomer kommt ins Pensionsalter.» Und er ergänzt, dass dem Bistum nicht so sehr die Besetzung von Leitungsfunktionen in den gegen 100 Pastoralräumen Sorgen bereite, sondern neue Pfarreiseelsorger und Pfarreiseelsorgerinnen zu finden: «Da merken wir einen zunehmenden Personalmangel.»

Früher befahl der Bischof

Die Personalplanung ist ein Prozess, in welchen die Vorgaben, Interessen und Wünsche von drei verschiedenen Seiten – Bistum, Pfarrei und kirchlichem Personal – eingebracht werden, um dann idealerweise auch eine Lösung zu finden. So muss das Bistum etwa kirchenrechtlich sicherstellen, dass in jedem Pastoralraum mindestens ein Priester tätig ist. Vorbei sind jedoch die Zeiten, als der Bischof ohne grosse Konsultation entschied. «Heute ist es undenkbar, dass der Bischof einen Priester oder Diakon quasi per Befehl in eine bestimmte Pfarrei beordert. Das war aber vor sechzig Jahren auch im Bistum Basel noch der Fall», schildert Brun.

Zwangsversetzung gebe es nicht. Heute schlägt «Solothurn» der für die Wahl zuständigen Kirchpflege aus Sicht des Bistums geeignete Personen vor, die sich einen Wechsel an eine neue Wirkungsstätte vorstellen können oder dies explizit wünschen. Die örtlichen Behörden prüfen den Vorschlag. Sie können ihn annehmen, aber auch ablehnen. Dasselbe gilt auch fürs kirchliche Personal. Brun erwähnt im Gespräch als Beispiel einen Gemeindeleiter oder Pfarreiseelsorger, der wohl beruflich eine neue Herausforderung suche, aber seine Familie mit Kindern nicht ans andere Ende des Bistums verpflanzen wolle. Für Kleriker ist die katholische Kirche im übrigen ein geschlossener Arbeitsmarkt; es gibt keine andere Kirche, in der sie eine Anstellung finden könnten. Der Bischof hat denn auch eine besondere Fürsorgepflicht für Priester und Diakone aus seiner Diözese: Er muss dafür sorgen, dass sie eine Stelle haben.

Löcher stopfen

Verkündigung erschwert

Die Verkündigung des Wortes Gottes wird schwierig, wenn die Gläubigen die Wörter nicht verstehen. «Ich habe halt nicht verstanden, was er gesagt hat», ist ein Satz, den man nach einer Predigt ab und zu hört. Es geht um Priester aus andern Ländern, die Deutsch mit einem starken Akzent sprechen. Die Leitung des Bistums ist sich der Problematik sehr bewusst und verlangt für eine Anstellung im Bistum Basel, dass in Deutsch eine Sprachkom-petenz entsprechend Niveau C1 (zweithöchste Stufe) erreicht wird.

Personalchef Brun weist darauf hin, dass Priester aus anderen Kulturkreisen hier aber nicht nur sprachlich eine ganz andere Situation als in ihrer Heimat antreffen, sondern auch in der kirchlichen Praxis: «Ich denke da unter anderem an die starke Präsenz von Frauen im Gottesdienst oder das duale System, das Nebeneinander von kirchlicher und staatskirchlicher Organisation.» Kommt hinzu, dass die gesellschaftliche Stellung des Priesters, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, in der Schweiz markant schwächer geworden ist.

Könne eine vakante Stelle besetzt werden, so fehle diese Person dann anderswo, heisst es aus Pfarreien. «Loch gestopft, Loch geöffnet», flachst ein Kleriker, der seinen Namen nicht in Horizonte lesen möchte. Und ein anderer schiebt nach: «Es ist schon etwas eine Lotterie, welche Vakanzen wie besetzt werden.» Der bischöfliche Personalverantwortliche entgegnet dezidiert: «Lotterie? Da würde ich schon dagegenhalten. Wir klären weit im voraus ab, wo welche Vakanzen sich abzeichnen und welche Lösung wir anstreben können.»

Aber auch Brun räumt ein: «Wenn jemand geht, gibt es eine Lücke, und die lässt sich nicht immer so einfach schliessen.» Wenn es – was die Regel ist – zahlreiche Lücken gibt in Pastoralräumen und Pfarreien, wer hat dann die besseren Karten für einen neuen Gemeindeleiter, für eine neue Pfarreiseelsorgerin? Grundsätzlich gebe es bei der Besetzung von Vakanzen keine Prioritätenordnung, betont der Pesonalchef des Bistums: «Nein, für uns sind alle Pastoralräume und Pfarreien gleich wichtig.»

«Positiv verändert»

Vor fünfzig Jahren wirkten noch mehr als doppelt so viele Priester im Bistum Basel als heute (siehe Kasten Seite 2). Der Priester vereinigte aber damals sehr viele Rollen in sich. Er feierte Gottesdienste und war gleichzeitig Pfarreileiter, Seelsorger, Sozialarbeiter, Katechet und Jugendarbeiter in Personal-​union. Ein grosser Rucksack an Verpflichtungen. «All diese Aufgaben in Einzelpfarreien zu leisten, wäre ein Modell, das heute nicht mehr funktionieren würde», stellt Andreas Brun fest.

Der gesellschaftliche Wandel hat auch in der Kirche zu einer Differenzierung der Rollenbilder und einer Professionalisierung von Aufgaben geführt. Der Priester wird heute in grösseren Organisationseinheiten unterstützt von Theologen, Katechetinnen, Sozialarbeitern. «Universelle Einzelkämpfer gibt es nicht mehr. Die Arbeit im Team ist entscheidend.» Die Schaffung von Pastoralräumen hat diese Entwicklung unterstützt und zum Teil erst möglich gemacht. Eine Entwicklung, die für den bischöflichen Personalchef «die Kirche positiv verändert hat».

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