09.12.2022

Das Umweltlabel Grüner Güggel soll sich im Jahr 2023 weiter im Kirchenaargau ausbreiten
Einstehen für die Schöpfung

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Die Römisch-Katholische Kirche im Aargau setzt sich nach Kräften dafür ein, dass ihre Pfarreien und Kirchgemeinden umwelttechnisch fit werden.
  • Bereits in elf Pfarreien, Kirchgemeinden oder Pastoralräumen hat sich das Umweltmanagementsystem Grüner Güggel etabliert.
  • Aus der Überzeugung, dass das Einstehen für die Schöpfung eine ihrer wesentlichen Aufgaben ist, gehen die Anstrengungen der Kirche Aargau im Jahr 2023 weiter. Interessierte Pfarreien können im Sommer 2023 starten.

Neben viel Denk- und Schreibarbeit, die das Umweltmanagementsystem Grüner Güggel den Pfarreien abverlangt, gibt es auch ganz praktische Herausforderungen. In Schöftland, einer Grünen-Güggel-Pfarrei der ersten Stunde, brachte das grüne Federvieh die Pfarreiangehörigen tüchtig ins Schwitzen. Ausgangspunkt war eine energetische Sanierung der Kirche und des Pfarreizentrums mit Ersatz der Ölheizung und Installation einer grossen Solaranlage. Die Rottanne, 65 Jahre alt und 27 Meter hoch, warf ihren Schatten leider auch auf den künftigen Standort der Solarpanels. Dass der Baum weichen musste, war zuerst ein Schock und viele brauchten Zeit, sich damit abzufinden. Diesen Samstag, 3. Dezember, lud das Umweltteam zur gemeinsamen Holzaktion rund um die Kirche.

Ästeschneiden und Brennholzschichten

Förster und Forstwart hatten die knifflige Aufgabe übernommen, die von mehreren Gebäuden umgebene Tanne zu fällen. Daraufhin trafen sich Pfarreiangehörige mit Motorsägen, Rebscheren und Lederhandschuhen zum Sägen, Ästeschneiden und Holzbeigenschichten. Das gemeinsame Holzen wurde von einem der Beteiligten treffend als «aktive Trauerarbeit» bezeichnet. Und auch Pfarreiseelsorgerin Bernadette Bernasconi sagt rückblickend: «Es war schön, gemeinsam zu arbeiten und Abschied zu nehmen.» Der Spitz der Schöftler Tanne fand einen Platz in der Kirche. Unter ihren Ästen sind nun die Schafe der Krippe versammelt.

Erste Grüne Güggel seit Sommer 2020

Als erste Institutionen im Aargau wurden im Juni 2020 die beiden Pastoralräume Region Brugg-Windisch und Region Lenzburg sowie die katholische Pfarrei Schöftland und die Verwaltung der Landeskirche mit dem Umweltlabel Grüner Güggel zertifiziert. Im Frühling 2021 formierte sich auf Initiative der reformierten und der römisch-katholischen Landeskirche der ökumenische zweite Konvoi, bestehend aus den katholischen Kirchgemeinden Aarau, Entfelden, Buchs-Rohr, Suhr-Gränichen, Rheinfelden und Rohrdorf sowie der reformierten Kirchgemeinde Baden plus. Die sieben Kirchgemeinden durchliefen in den letzten eineinhalb Jahren alle Schritte hin zum Grünen Güggel gemeinsam und fünf von ihnen wurden diesen Herbst zertifiziert. In den kommenden Monaten werden Rheinfelden und Aarau das Zertifikat ebenfalls erhalten. So besitzen im Aargau bereits elf Pfarreien, Kirchgemeinden oder Pastoralräume das Umweltzertifikat.

Zügig unterwegs

«Die katholischen Aargauer Pfarreien sind zügig unterwegs», freut sich Brigitta Bölsterli. Sie begleitete als Kirchenpflegerin den Pastoralraum Region Lenzburg zum Grünen Güggel und amtet heute dort als Umweltbeauftragte. Als kirchliche Umweltberaterin unterstützt Bölsterli Kirchgemeinden beim Zertifizierungsprozess.

Der Grüne Güggel

Das Umweltmanagementsystem (UMS) Grüner Güggel hilft Kirchgemeinden bei der Verbesserung ihrer Umweltleistung. Es dient der Optimierung des Ressourcenverbrauchs, spart Betriebskosten und wirkt langfristig und motivierend über die Gemeindegrenzen hinaus.

Der Weg zum Grünen Güggel erfolgt in zehn Schritten: Eine Umweltgruppe erarbeitet in einem Umweltprogramm die wichtigsten Massnahmen, sei es beim Energiesparen, bei der Büroökologie oder bei der Umgebungsgestaltung. Schöpfungsleitlinien halten die wichtigsten Grundsätze für das umweltgerechte Gemeindeleben fest. Klare Abläufe und Verantwortlichkeiten stellen sicher, dass Umweltfragen regelmässig bearbeitet werden. Alle weiteren Infos gibt es auf der Webseite www.oeku.ch

Austausch zwischen den Pfarreien

Diesen November organsierten Andreas Frei, oeku Kirchen für die Umwelt, und Brigitta Bölsterli den «ERFA» in Lenzburg mit. «ERFA» steht für Erfahrungsaustausch und dieser fand zum zweiten Mal statt. Idee dieses Anlasses ist, dass jede Pfarrei, die das Umweltlabel Grüner Güggel führt, mit einer Person vertreten ist, damit ein Austausch unter den einzelnen Pfarreien und Kirchgemeinden stattfinden kann.

Die Runde stand die ersten beiden Male jeweils unter einem bestimmten Motto – letztes Jahr lautete dieses «Energie», dieses Jahr «Wasser». Der Austausch wird geleitet, es gibt Ideenlisten, und die Anwesenden arbeiten in Gruppen zusammen. Die organisierende Pfarrei sorgt für Essen und Trinken. Ab dem kommenden Jahr gibt es für die Organisatoren eine Entschädigung der Landeskirche.

Gute Beispiele vor Ort besichtigen

Brigitta Bölsterli findet den Erfahrungsaustausch wichtig: «Weil der ERFA jedes Jahr an einem anderen Ort stattfindet, ist das eine Möglichkeit, Beispiele für Biodiversität, Heizungsanlagen oder andere Innovationen zu besichtigen. Das ist das Spannendste.» Auch seien Kirchgemeinden frisch nach der Zertifizierung oft etwas «müde» und froh über Inspiration aus anderen Pfarreien. Denn die Zertifizierung mit dem Grünen Güggel ist ein Etappenziel, die Arbeit geht stetig weiter. Jedes Jahr gibt es zum Beispiel ein internes Audit, bei der gewünscht ist, dass jemand aus einer anderen Pfarrei vorbeikommt und eine Aussensicht einbringt.

Unterschiedliche Talente, gemeinsames Ziel

Das Einstehen für die Schöpfung, entstanden aus der Gewissheit, dass die Kirche hier ihren Beitrag unbedingt leisten muss, sei die Hauptmotivation für die Pfarreien, sich mit Umweltmanagement zu befassen, weiss Bölsterli. Gespräche mit Umweltbeauftragten in verschiedenen Pfarreien zeigen, dass die Projektarbeit als attraktiv und motivierend empfunden wird und sich vielerorts sehr divers zusammengesetzte Umweltteams finden. Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen arbeiten auf das gleiche Ziel hin. Häufig engagieren sich in kirchlichen Umweltteams auch junge Menschen, die sonst nichts mehr mit der Kirche zu tun hätten und in diesem speziellen Bereich ihren Beitrag leisten.

Die Landeskirche hat eine Steuergruppe

Die Steuergruppe der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau besteht aus Andreas Frei, der den Verein «oeku Kirche für die Umwelt» vertritt, Brigitta Bölsterli, Tatjana Disteli, Generalsekretärin der Landeskirche, Alois Metz, der bei der Fachstelle Bildung und Propstei für den Grünen Güggel zuständig ist, Jeannette Häsler Daffré, die Kommunikationsverantwortliche der Landeskirche, sowie der Kirchenrätin Margrith Röthlisberger, die ebenfalls involviert ist.

Interessierte Pfarreien können im Sommer 2023 starten

Dass eine Pfarrei nicht allein unterwegs ist, sondern Weggefährten mit dem gleichen Ziel hat, erwies sich in den vergangenen Jahren als sehr wertvoll. Aus diesem Grund ist der Start eines dritten Konvois vorgesehen. Am 23. Mai findet die Kick-off-Veranstaltung für interessierte Pfarreien statt. Dort erfahren sie, welche Schritte nötig sind, um das Umweltlabel zu erlangen, und haben die Möglichkeit, sich dem Konvoi anzuschliessen, der, begleitet von kirchlichen Umweltexperten, den Weg zum Grünen Güggel im Sommer 2023 in Angriff nimmt. Interessierte Pfarreien können sich bei Alois Metz, Mitglied der landeskirchlichen Steuergruppe, melden.

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