17.09.2020

Wegen Corona:
Erstkommunion im zweiten Anlauf

Von Andreas C. Müller

  • Zuerst die Absage, dann das aufwendige Neuorganisieren: Erstkommunion und Firmung im Coronamodus forderten die Pfarreien.
  • Anspruchsvoll für die Kinder und Jugendlichen war das lange Warten. Die Katechetinnen zeigten sich kreativ.
  • Das erfreuliche Echo auf die Feiern im intimeren Rahmen könnte durchaus zukunftsweisend sein.

Stellvertretend für ihre 23 Gspänli waren sich Sophie, Ramiro, Jonah und Eliana aus der Pfarrei Meisterschwanden-Fahrwangen-Seengen nach der Feier ihrer Erstkommunion einig: «Es häd mer sehr guet gfalle», «I ha sogar öppis dörfe säge am Ambo», «Und ech ha dörfe d Fürbitte läse», «Jetzt gömmer zäme met dä Familie go ässe.» Grundsätzlich keine überraschenden Aussagen. Im Coronajahr 2020 durchaus.

Katechetin Susanne Löpfe mit Erstkommunionkindern. «Während des Lockdowns erhielten die Kinder Geschichten. Zu einer Geschichte habe ich auch einen Film realisiert, den sie zuhause anschauen konnten. Zusätzlich habe ich ihnen Sachen zugeschickt wie Backrezepte und kleine Aufträge.» | © Susanne Remund

Unwirsche Töne zu Corona-bedingten Einschränkungen

Denn eigentlich hätte ihr bedeutendes Fest bereits ein halbes Jahr früher stattfinden sollen. Aus bekannten Gründen mussten die Erstkommunionfeiern, wie in den meisten Pfarreien im Aargau auch die Firmungen, verschoben werden. Ein verständlicher Entscheid, der aber die Gemüter bewegte. Gemeindeleiterin Dorothea Wey: «Lange wussten wir nicht, wann wir die Feiern nachholen können. Die Unsicherheit war nicht immer einfach zum Aushalten.» Katechetin Susanne Löpfe: «Der Entscheid hat mich traurig gemacht. Im Unterricht haben wir uns fast ein Jahr lang auf diesen Tag vorbereitet.» Gleich fühlte Kaplan Franz Xaver Amrein, Ansprechperson der Pfarrei Zufikon: «Konkretisiert hat sich das noch an einem Erstkommunikanten, der in der Osternacht hätte getauft werden sollen. Das wäre für die Pfarrei ein eindrückliches Erlebnis gewesen.» Schliesslich Martina Suter: «Meine Haltung war stets folgende: Wenn Olympiade, Fussball-EM verschoben und Firmen geschlossen werden müssen, dann schaffen wir es auch, eine Erstkommunion zu verschieben», so die Pastorale Mitarbeiterin und Bereichsleitung Katechese im Pastoralraum Oberes Freiamt.

Als schliesslich wieder gefeiert werden durfte, begann das Neuorganisieren. Die entwickelten Lösungen fanden nicht überall Anklang. Unwirsche Töne drangen etwa aus Laufenburg via Aargauer Zeitung an die Öffentlichkeit. «Peter Daniel ist sauer und enttäuscht zugleich. Zu gern wäre er bei der Erstkommunionfeier seines Enkels dabei gewesen. Doch laut Pastoralraumleiter Thomas Frey dürfen lediglich Geschwister und Eltern der Kommunikanten an der Feier teilnehmen», hiess es im Artikel und weiter: «Das ist ein trauriger Einstieg ins christliche Leben, wenn ein Teil der Liebsten der Feier fernbleiben muss», so Daniel. Thomas Frey, zuständiger Pastoralraum- und Gemeindeleiter, nimmt dazu gegenüber Horizonte Stellung: «Reaktionen wie diese hatten ihre Ursache in der Tatsache, dass wegen des Schutzkonzepts für Gottesdienste nicht beliebig viele Personen zu den Feiern zugelassen werden konnten. Deshalb hat es ein gemeinsames Treffen der Katechetinnen, Seelsorge und Kirchenpflege mit den Eltern gegeben, in dem die zugrunde liegenden Schwierigkeiten besprochen werden konnten. Es wurde eine Lösung gefunden», erklärt der Diakon und ergänzt selbstkritisch: «Dieses Treffen von Eltern und Verantwortlichen hätte früher stattfinden können.»

Mobile Stühle und auseinander geschobene Sitzreihen

Ein grosses Thema für die Kinder war das Warten auf ihren grossen Tag. Rasch reagierten die zuständigen Katechetinnen. «Wir haben am Tag, an dem die Erstkommunion gewesen wäre, allen Kindern eine spezielle Kerze mit einem persönlichen Brief in den Briefkasten gelegt», berichtet Martina Suter. Besonders kreativ war Susanne Löpfe. Kurz vor der Erstkommunion gab es Post für alle Kinder. «Damit sie wussten, dass ich an sie dachte. Ich hatte für jedes Kind eine Kerze angezündet und eine Deko mit Jesus gemacht. Das Bild war dann auf der Karte. Das hat die Kinder wie auch die Eltern gefreut.»

Dass die aussergewöhnliche Lage durchaus am Geduldsfaden zerrte, gaben die im Rahmen der Horizonte-Umfrage Angeschriebenen durchwegs zu. Dorothea Wey: «Ich war im Vorfeld nervöser als sonst. Es hat sich aber gezeigt, dass sich unsere Überlegungen und Vorbereitungen gelohnt haben. So haben wir etwa die Sitzreihen auseinandergeschoben, um die Abstände einhalten können.» Den Vorteil der mobilen Stühle im Kirchenraum haben längst nicht alle Pfarreien. Dass die Bänke deutlich mehr Kopfzerbrechen verursachten, zeigte sich am Beispiel St. Sebastian Wettingen.

«Die Anspannung und Unsicherheit im Vorfeld erlebte ich als sehr anstrengend», sagt Dorothea Wey aus der Pfarrei Meisterschwanden-Fahrwangen-Seengen. «Allerdings versuchte ich, zuversichtlich zu bleiben und die Ungewissheit Gott anzuvertrauen, nach dem Motto: Es ist deine Kirche, also schau du, dass alles gut kommt!» | © Susanne Remund

Franz Xaver Amrein: «Kontingentierte Feier gewohnt»

Im Elternbrief von Christina Wunderlin hiess es darum: «Bitte beachten Sie, dass die Zahl der maximalen Plätze pro Bankreihe variiert, da nicht alle Bänke gleich lang sind. Es gibt Bänke mit 15, 13 oder 10 Sitzplätzen für erwachsene Personen, von schmaler bis normaler Statur. Ich bin mir bewusst, dass dies für eine gewisse Ungerechtigkeit sorgt, möchte dieses Problem jedoch versuchen, bestmöglich mit Ihrer Mithilfe zu lösen.» Weil die Sache nicht auf Anhieb klappte, musste die Pfarreiseelsorgerin in Ausbildung auf ihren Plan B zurückgreifen und mittels Losverfahren den Familien die Bänke zuweisen. Routiniers wie der 74-jährige Franz Xaver Amrein nahmen es da gelassener: «In meiner früheren Pfarrei, Windisch, mussten wir schon lange vor Corona die Sitzplätze zur Erstkommunionfeier kontingentieren. Denn der Pfarrei gehörten damals vorwiegend Familien mit Migrationshintergrund an, welche sonst in Grossformation zur Feier erschienen wären.»

Generell überraschte das von Gelassenheit bis Hektik geprägte Echo aus den Pfarreien auf die Horizonte-Umfrage zu Erstkommunion und Firmung in Coronazeiten. Sah man sich einerseits ausserstande, noch vor den Feierlichkeiten auf die gestellten Fragen zu antworten, fand sich andererseits, trotz zwei Erstkommunionfeiern am einen und zwei Firmungen am darauffolgenden Wochenende, Zeit dafür.

«Die schönste Feier von allen»

Vielerorts sind die Erstkommunionfeiern und sogar schon die Firmungen 2020 Geschichte. Das Fazit fällt durchwegs zufrieden aus. Gelöste Stimmung, schöne Feiern im bedächtigeren Rahmen. «Die Familien haben gut mitgemacht und die Massnahmen eingehalten. Wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten», freut sich Dorothea Wey. Dickes Lob gab es in Zufikon für Franz Xaver Amrein: «Die Grossmutter des Jungen, der erst eine Woche vor der Erstkommunion getauft wurde, ist nach dem Gottesdienst zu mir gekommen und hat gesagt: ‹Herr Kaplan, ich habe schon viele Erstkommunionfeiern miterlebt. Das war jetzt wirklich die schönste von allen.›»

Zum Schluss Erstkommunikantin Eleni Schürch, die in Wettingen gefeiert hat: «Bei der Kommunion habe ich ein besonders grosses Stück erwischt, es war ein Teil der Hostie, die der Pfarrer gebrochen hat. Wegen Corona gab es keinen Apéro. Aber wir haben zusammen mit meinem Cousin, der auch Erstkommunion feierte, neben der Kirche einen kleinen Apéro organisiert. Dabei haben wir zwei Erstkommunikanten das weisse Kleid bald ausgezogen, weil wir so geschwitzt haben.»

 

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