25.10.2017

Erwachsenenfirmung in Solothurn

Von Anne Burgmer

  • Die Firmung besiegelt das Bekenntnis zum Glauben und zur katholischen Kirche.
  • Zweimal jährlich firmt das Bistum Basel in Solothurn Erwachsene: Am 20. Oktober 2017 wurden insgesamt 21 Gläubige in der Solothurner Jesuitenkirche «bestätigt».
  • Die Motiviationen, die Firmung «nachzuholen», sind vielfältig. Unter anderem muss, wer Taufpate sein will, gefirmt sein.

 

«Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist». 21 Mal sprach Denis Theurillat, Weihbischof des Bistums Basel am Freitag, 20. Oktober 2017, diese Formel und zeichnete den anwesenden erwachsenen Firmandinnen und Firmanden mit Chrisam-Öl ein Kreuz auf die Stirn. Damit nimmt die Firmung, das dritte der sogenannten Initiationssakramente der römisch-katholischen Kirche, das Symbol der königlichen Salbung aus der Taufe wieder auf und bekräftigt (lateinisch: firmare) die Aufnahme in die Gemeinschaft der katholischen Kirche. Überdies bestärkt der Empfang des Sakramentes den Menschen im Glauben und ist gleichzeitig sein Bekenntnis zum Glauben.

Abkehr vom Glauben in jungen Jahren

Eine der Frauen, die in Solothurn die Firmung empfangen, ist Sally Welter. 74 Jahre zählt die US-Amerikanerin aus dem Bundestaat Tennesse. 1966 wanderte sie, 24-jährig, aus dem «Bible-Belt» erst nach Hamburg und später in die Schweiz aus.

«Meine Mutter stammte aus einer radikal christlichen Familie, mein Vater war Reformjude. In meinen widerstandsreichen Jahren habe ich der Kirche, in der ich aufwuchs, den Rücken gekehrt», erinnert sich Sally Welter und ergänzt: «Ich war sehr zornig mit Gott und seiner Kirche, denn in seinem Namen geschieht so viel Böses!» Sie liess ihre Kinder nicht taufen, sie sollten selber entscheiden. Sally Welter lebte ihr Leben.

Irgendwann besuchte sie – rein aus Freude an der Musik – den Kirchenchor «ihrer» Pfarrgemeinde in Ehrendingen. Sally Welter erlebte die katholische Liturgie und fühlte sich angesprochen. «In der Kirche stand ein Baum mit den Bildern aller Täuflinge des Jahres und der Diakon predigte über das Dazugehören. Äste, die abgeschnitten werden, sterben. Und da habe ich gemerkt: Ich will ein Teil von diesem Baum sein», erzählt Sally Welter.

Seit fünf Jahren lebt sie nun in Birmenstorf, hat die Schlüssel für drei Kirchen, reformiert wie katholisch, und widmet sich dort mit Leidenschaft dem Orgelspiel. «Wenn ich über meine Zugehörigkeit zur Kirche nachdenke, sage ich, ich habe endlich eine Heimat gefunden», sagt Sally Welter.

«Ein Erwachsener sagt bewusst: Ich stehe zum Glauben»

Was Sally Welter beschreibt, bezeichnet Barbara Kückelmann, Pastoralverantwortliche des Bistums Basel, als «Verdichtung des Glaubensweges, den ein Erwachsener gegangen ist. Dieser erwachsene Mensch sagt bewusst und öffentlich: Ich stehe zu meinem Glauben. Ich stehe dazu, diesen Weg zu gehen, der uns beispielhaft im Leben von Jesus von Nazaret begegnet».

Die Gründe, warum sich ein Mensch erst im Erwachsenenalter firmen lasse, seien so unterschiedlich, wie die Gründe, warum die Firmung in jungen Jahren nicht empfangen wurde. Natürlich gebe es bestimmte Sachverhalte, bei denen eine Firmung notwendig sei – wie zum Beispiel, wenn man Taufpatin oder Taufpate werden wolle. «Doch der springende Punkt ist, dass der Entschluss zur Firmung zeigt, dass die Verbindung zum Glauben und zur römisch-katholischen Kirche stark genug geworden ist, um das durch den Empfang des Sakramentes zu bekräftigen», sagt Barbara Kückelmann.

Einst reformiert, heute katholisch

Die Verbindung zur katholischen Kirche – eine Formulierung, die auch zwei weitere Aargauer Firmanden verwenden. Es sind André Widmer, 52 Jahre alt, und Daniel Moser, 35 Jahre alt. Beide leben – ein schöner Zufall – in Oberrüti im Freiamt. André Widmer war Polizist und arbeitet jetzt als Berater in der reformierten Beratungsstelle «triangel» in Zug. Er ist reformiert getauft, doch «die Verbindung zur reformierten Gemeinde in Muri war nie da. Deshalb bin ich 2003 ausgetreten».

In Oberrüti, das rund 1 600 Einwohner zählt, ist er seit acht Jahren in der in der Schulpflege tätig. Seine Frau und die Kinder sind katholisch. Die Kinder ministrieren regelmässig, «dann gehen wir auch in den Gottesdienst. Der Bezug zur katholischen Kirche ist unter anderem auf diesem Wege gewachsen. Anfang 2016 fing ich an, mich über den Eintritt in die katholische Kirche zu informieren und lasse mich nun firmen», erklärt André Widmer kurz und bündig.

Auch Daniel Moser ist ursprünglich reformiert getauft: «Ich habe immer schon den grösseren Bezug zur katholischen Kirche gehabt und auch katholisch, die Konfession meiner Frau, geheiratet». Es gehe ihm darum, so Daniel Moser, eine gemeinsame Konfession mit seiner Frau und seinen Kindern zu haben und diese in Gemeinschaft leben zu können.

421 Erwachsenenfirmungen in 10 Jahren allein in Solothurn

Sally Welter, Daniel Moser und André Widmer sind drei von 21 Erwachsenen, die sich am Oktobertermin in Solothurn haben firmen lassen. Ein zweiter Termin ist jeweils im April. 27 Firmandinnen und Firmanden waren es 2017.

Der älteste Eintrag über eine Erwachsenenfirmung im Bistum Basel datiert aus dem Jahr 1947. In den 1950er Jahren gab es vereinzelte Firmungen von Erwachsenen. Ab 1960 empfingen zunehmend regelmässig Erwachsene das Sakrament im Rahmen eines Anlass. Ein Blick in die Zahlen, die das Bistum zur Verfügung stellt, zeigt überdies : Im Zeitraum von 2007 bis 2017 wurden insgesamt 421 erwachsenen Männer und Frauen in Solothurn gefirmt.

Das Bistum bietet seit 2010 fix zwei Firmtermine an. «Es werden aber nicht alle erwachsenen Anwärter auf die Firmung zwingend in Solothurn gefirmt. Es besteht auch die Möglichkeit, das Sakrament in der Heimatpfarrei zu empfangen, zum Beispiel gemeinsam mit den jungen Firmlingen», erklärt Barbara Kückelmann. Es gebe verschiedene Gründe, warum manche Frauen und Männer nach Solothurn kämen. Es gibt verschiedene Wege, die Firmung zu empfangen.

«Die Kirche hat sich verändert und ist offener geworden»

Insgesamt, so betont Barbara Kückelmann, schreibt das Bistum Basel kein verbindliches Firmalter vor. Auch zur Vorbereitung auf den Empfang des Sakraments gibt das Bistum Basel keine detaillierten Anweisungen. Sally Welter, Daniel Moser und André Widmer erzählen, dass sie jeweils mehrere Gespräche mit ihren Seelsorgern vor Ort geführt haben. «Es waren gute Gespräche. Sie haben mir auch gezeigt, wie sich die Kirche verändert hat und offener geworden ist», erinnert sich André Widmer.

Auch Sally Welter und Daniel Moser erzählen von Treffen, in denen sie sich mit den Seelsorgern intensiv und stärkend über ihren Weg in die Kirche austauschen und Fragen stellen konnten. Barbara Kückelmann bestätigt: «Die Seelsorgenden in den entsprechenden Pfarreien und Pastoralräumen kennen die Situation viel besser als wir und erarbeiten dementsprechende Firmkonzepte und Vorbereitungswege. Das ist auch unabhängig davon, ob es junge oder erwachsene Firmlinge sind. Wir vom Bistum wollen einfach, dass eine verantwortet und gute Vorbereitung stattgefunden hat. Darüber hinaus kümmern wir uns um gewisse administrative Dinge».

«Es schadet nicht, es lohnt sich zu feiern»

Unterschiedliche Gründe bringen erwachsene Menschen dazu, um das Sakrament der Firmung zu bitten. Im Verständnis der katholischen Kirche wirkt hier der Heilige Geist, der als Gabe Gottes den Weg in den Glauben besiegelt – die eingangs zitierte Formel verdeutlicht diese Überzeugung. In der Jesuitenkirche in Solothurn ist es während der Firmspendung festlich ruhig.

Jede Frau, jeden Mann – alle spricht Denis Theuriallt nach der Formel noch persönlich an, gestikuliert, lacht, bedankt sich bei den Patinnen und Paten. Als Geschenk erhalten die frisch Gefirmten von Barbara Kückelmann eine Bibel überreicht, die Grundlage für alles. Bevor es am Ende zum Segen und zum Gruppenfoto mit dem Weihbischof geht, erinnert Denis Theurillat auf seine unvergleichliche und heitere Art an einen weiteren wichtigen Aspekt der Kirche: «Es schadet nichts zu feiern», sagt er mit Augenzwinkern und feinem Schmunzeln, «es lohnt sich zu feiern».

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