28.03.2019

Fastengruppen erfreuen sich wachsender Beliebtheit

Von Johanna Moser / acm

  • In den Pfarreien organisierte Fastengruppen sind nach wie vor beliebt. In Bremgarten kam zum Einführungsabend sogar ein Mediziner.
  • In den Fastengruppen wird nicht einfach nur auf Fleisch und Genussmittel verzichtet, sondern gänzlich auf feste Nahrung. Das kann für bestimmte Personen gefährlich werden.

 

Thomas Thaler ist Kardiologe am Doktorzentrum Mutschellen und hielt am diesjährigen Einführungsabend zur Fastenwoche in Bremgarten einen Vortrag übers Fasten. Demnach habe Fasten auch einen evolutionären Hintergrund: In der Steinzeit musste der Körper des Menschen mehrere Tage lang ohne Nahrung durchstehen können und zugleich musste der Mensch noch in der Lage sein, zu jagen. Auch heute noch gebe es viele Menschen, die beim Fasten eine höhere Aufmerksamkeit, eine andere Wahrnehmung entwickeln.

Proteinabbau kann lebensgefährlich sein

In den Fastengruppen wird nicht einfach nur auf Fleisch oder Süsses verzichtet, sondern überhaupt auf Nahrung: sogenanntes Vollfasten. Mit Blick auf die Gesundheit sollte man dies nicht länger als sieben Tage lang tun. Hernach, so Thomas Thaler, «beginnt der lebensgefährliche Proteinabbau, und auch die Fettreserven sind langsam verbraucht». Leistungssport sollte man während dieser Zeit nicht praktizieren, moderate Bewegung werde jedoch empfohlen. Beispielsweise helfe ein Spaziergang, den Muskelabbau zu minimieren. Nach Ende der Fastenzeit sollte die Nahrungszufuhr langsam wieder aufgebaut werden.

Die Zeit des Vollfastens könne in drei Phasen unterteilt werden, führte Thomas Thaler aus. In einer ersten Phase von etwa drei Tagen würden Zucker aus der Leber und der Muskulatur mobilisiert, um das Gehirn mit Energie zu versorgen. Das Gehirn müsse lernen, Fett abzubauen und somit Ketone freizusetzen, die dem Gehirn die Energie lieferten.

Idealerweise das Fasten mit dem Hausarzt absprechen

«In der zweiten Phase während der folgenden Tage findet dann ein rascher Proteinabbau und die Umwandlung zu Zucker in der Leber statt», so Thomas Thaler. So beginne der Fettabbau, der während den folgenden Tagen immer stärker zunehme. Während dieser Zeit verschwinde auch das anfängliche Hungergefühl, denn der Magen-Darm-Trakt werde bei Ausbleiben der Nahrung stillgelegt. In Phase 3, die spätestens nach 40 Tagen erreicht werde, würde das Fasten dann lebensgefährlich.

Die Anwesenden in Bremgarten stellten rege Fragen: Ob man auch bei Verdacht auf Nierensteine fasten dürfe. Oder wie Fasten mit Medikamenteneinnahme zu vereinbaren sei. Thomas Thalmann riet, solche Fragen jeweils zwingend mit dem Hausarzt abzusprechen und fügte an: «Kommen Sie aber lieber nicht zu mir, denn ich würde Ihnen vermutlich vom Fasten abraten. Dabei soll ich doch Werbung fürs Fasten machen!».

«Fasten bedeutet, sich mit sich selbst zu beschäftigen»

Kurt Baumann hat schon mehrmals an der Fastenwoche in Bremgarten teilgenommen. Für die diesjährige Fastenwoche ist er bereits wieder angemeldet. Das Fasten helfe ihm, zur Ruhe zu kommen und nicht immer alles so tierisch ernst zu nehmen.

Auch Manuela Cottiati hofft, mithilfe der Fastenwoche entschleunigen zu können. Sie nimmt zum ersten Mal an einer Fastenwoche teil und findet es wichtig, sich zwischendurch mit sich selbst zu beschäftigen. Zusätzlich zum Fasten will sie auch ihr Telefon ausgeschaltet lassen. Manuela Cottiati hat erst vor Kurzem ihre Kommunion und Firmung empfangen. Für sie ist das Fasten auch ein Schritt, den Glauben zu leben.

Kirchliche Fastengruppen sind oft ökumenisch organisiert

Die Fastenwoche in Bremgarten ist ökumenisch. Geleitet wird sie von Hans Jakob aus der reformierten Kirchgemeinde Bremgarten und Cäcilia Stutz vom katholischen Pastoralraum Bremgarten-Reusstal.

Für Hans Jakob zählt beim Fasten die Solidarität mit den Hungernden auf der ganzen Welt. Aber auch er nutzt die Fastenzeit für einen «Break». Und durch den Kardiologen hat Hans Jakob trotz langjähriger Fastenerfahrung auch etwas Neues dazugelernt: «Ich wusste nicht, dass es vor dem Beginn der Fastenwoche gar nicht nötig ist, gezielt abzuführen.»

Traditionell bei abnehmendem Mond

Traditionell wird bei abnehmendem Mond gefastet. Deshalb fallen die Fastenwochen im Aargau immer etwa auf dieselben Daten. Nicht nur in Bremgarten wird gefastet, sondern auch in Erlinsbach, Turgi, Leuggern, Wettingen oder Wohlen. Vieles haben die Fastengruppen gemeinsam. Abendliche Treffen dienen dem Austausch von Erfahrungen, aber auch der Besinnung bei Tee, einigen Körperübungen oder einem Spaziergang. Auch das gemeinsame Fastenbrechen am Ende der Woche gehört dazu. Die Teilnehmerzahl in den Gruppen schwankt zwischen 5 und 25 Teilnehmern. Laut Organisatoren hat die Beliebtheit von Fastengruppen in den letzten Jahren zugenommen.

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