04.02.2022

Kardinal Marx ist gegen den Pflichtzölibat

Von Christian Breitschmid

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung hat der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx eine Aussage gemacht, die für einigen Aufruhr in der römisch-katholischen Kirche und vor allem in deren Kurie sorgen dürfte. Wie Radio SRF 1 in der Sendung Rendez-vous gestern mitteilte, hat sich Marx in diesem Interview klar für die Abschaffung des Pflichtzölibats ausgesprochen: «Bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet. Ich denke, so wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen.» Kardinal Marx spricht aus Erfahrung. Muss er doch als oberster Hirte des Erzbistums München und Freising zur Zeit immer wieder öffentlich Stellung nehmen zum jüngst publizierten Gutachten «Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019». Der Missbrauchsbericht über die Vorgänge in Marx’ Bistum schlug weltweit hohe Wellen. Er offenbarte auch das persönliche Versagen des damaligen Erzbischofs Joseph Kardinal Ratzinger und späteren Papstes Benedikt XVI. Auf die Frage, ob er einen Zusammenhang zwischen dem Zölibat (Ehelosigkeit von Priestern) und sexuellem Kindsmissbrauch sehe, antwortete Marx, pauschal könne man das nicht sagen. «Aber diese Lebensform und dieses Männerbündische ziehen auch Leute an, die nicht geeignet sind, die sexuell unreif sind. Und Sexualität gehört eben zum Menschen dazu, das geht auch nie vorüber.»