27.08.2020

Schöpfungszeit
Keine Scheu, genau hinzuschauen

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Alle christlichen Kirchen der Schweiz feiern im September die «SchöpfungsZeit» mit Aktionen und Anlässen, welche die Bewahrung der Schöpfung thematisieren.
  • Der Verein oeku Kirche und Umwelt gestaltet die SchöpfungsZeit dieses Jahr zum Thema «Sehen».
  • Der Sehsinn steht auch im Mittelpunkt des Wirkens von Augenoptiker Beat Vogel. Der Wettinger engagiert sich, wo er Handlungbedarf erkennt, und entdeckt selbst nach vielen Jahren im Beruf immer wieder Verblüffendes rund um die visuelle Wahrnehmung.

Manchmal muss man etwas einfach mit eigenen Augen gesehen haben, um Bescheid zu wissen. Das sagte sich Beat Vogel, als sich die Chance einen Transport von Hilfsgütern nach Rumänien zu begleiten. «Das hatte ich meiner grossen Klappe zu verdanken», gibt der Augenoptiker aus Wettingen unumwunden zu, «mein Kollege meinte, statt Sprücheklopfen solle ich doch lieber einmal mitkommen.» So fuhr Beat Vogel im Jahr 2003 erstmals mit dem Verein Rumänienhilfe Wegenstetten in den Nordosten von Rumänien.

Ausbildung unterstützen

Was er sah, bewegte ihn zum Handeln. Während sechs Jahren engagierte sich der gut vernetzte Unternehmer bei der Rumänienhilfe Wegenstetten, sammelte und transportierte Brillen, Schulmobiliar und Kleider. Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit brachte ihn auf die Idee, in die Ausbildung der Einheimischen zu investieren. Schliesslich gründete er seinen eigenen Verein, mit dem er zuerst eine psychiatrische Klinik unterstützte und aktuell Schülerinnen und Schüler finanziell unter die Arme greift.

«Das muss ich sehen»

Beat Vogel ist einer, der sich nicht scheut, genau hinzuschauen. «Wenn wir in Rumänien unterwegs sind, bin ich der Albtraum meiner Übersetzer. Wo es heisst ‚steig nicht aus!’, tue ich es erst recht», erzählt er. In einem Behindertenheim wollte er nicht nur die «Vorzeige-Ecke», sondern auch den ersten Stock besichtigen, worauf ihn zwei kräftige Männer am Kragen packten und zurückbeförderten. Das grosse Elend in den Städten der Region Moldova, die Korruption, horrende Mehrwertsteuern am Zoll und den geringen Kredit, den Osteuropäer geniessen, wenn es um Hilfsgelder geht, haben ihn nicht frustriert. «Im Gegenteil, ich bin überzeugt, dass man etwas gegen diese Missstände tun muss, die nur gerade 2000 Kilometer von uns entfernt herrschen.»

Schönheit und Leiden der Natur

Die diesjährige SchöpfungsZeit thematisiert den Sehsinnn (siehe Kasten). Der federführende Verein oeku Kirche und Umwelt setzt ganz bewusst auf den Zusammenhang zwischen Wahrnehmen und Bewusstwerden. Wer die Schönheit der Natur sieht, aber gleichzeitig auch ihr Leiden wahrnimmt, steht eher für Klimaschutz und Biodiversität ein. So lädt die oeku während des kommenden Monats die Menschen ein, an diversen Anlässen die Schönheit der Natur zu entdecken.

«Warum wollen Sie kurzsichtig sein?»

Neue überraschende Entdeckungen machte Beat Vogel als Augenoptiker mit eigenem Geschäft selbst noch nach vielen Jahren im Beruf. Vor etwas mehr als zehn Jahren meldete er sich für eine Weiterbildung in «Behavioral Optometry» an, auf Deutsch «Funktional Optometrie».

Einer der Dozenten reizte ihn mit seiner Art, die Schüler zu provozieren. «Warum wollen Sie kurzsichtig sein?», habe dieser in der ersten Lektion eine Mitschülerin gefragt. Die Frage regte Beat Vogel zum Nachdenken an. Heute ist er überzeugt, dass Kurzsichtigkeit eine Mixtur aus Fehlbenutzung, genetischen und psychischen Gegebenheiten ist und mit dem richtigen Training gemindert werden kann. Kinder mit Lernschwierigkeiten und Leseschwäche würden häufig als ADHS-Kinder abgestempelt, was oft nicht stimme: «Manchmal sind einfach einzelne Bereiche der Vision gestört. Durch Visualtraining werden die vier Teilbereiche – Fixieren, Scharfstellen, Augenbewegung und Wahrnehmung der Position im Raum – gezielt angesprochen und geschult.»

Trauma verschiebt die Achse

Der Zusammenhang zwischen körperlichen Beschwerden und beeinträchtigter Vision verblüfft den Augenoptiker selber manchmal. Traumatisierungen aller Art äusserten sich praktisch immer als Störung bei der Positionswahrnehmung im Raum, erklärt Beat Vogel: «Durch eine Traumatisierung verschiebt sich die visuelle Achse gegenüber der Körperachse. Der Körper wird schief gehalten und ungleichmässig belastet, was zu zahlreichen physischen Beschwerden führen kann.

Sehen und glauben

Beat Vogel ist sich bewusst, dass er nur einen Bruchteil des Wissens im Bereich Visualtraining überblickt. Der provozierende Dozent von damals ist inzwischen ein guter Freund, der ihn an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben lässt. Die überraschenden, positiven Effekte einer kleinen Veränderung im Sehen, faszinieren Beat Vogel. «Hätte ich das nicht mit eigenen Augen gesehen, ich würde es kaum glauben.»

 

Veranstaltungen zur SchöpfungsZeit 2020

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