23.10.2023

Das 27. FrauenKirchenFest stand unter dem Motto: Frau-Mensch-ich
Kirche, die für alle ein Safe Space ist

Von Vera Rüttimann

  • Am vergangenen Freitag, 20. Oktober, haben rund 40 Personen am Aargauer FrauenKirchenFest in Rheinfelden teilgenommen.
  • Mentari Baumann von der Allianz Gleichwürdig Katholisch und die theologische Fachperson Elisha Schneider aus Basel hielten die Tischreden.
  • Auch die Zukunft des FrauenKirchenFests war ein Thema.

«Frau sein macht mich stark», steht auf einem der bunten Post-it-Zetteln, die an Stellwänden im Pfarreizentrum der katholischen Kirche Rheinfelden kleben. Unter dem Titel «Frau-Mensch-ich» haben die Teilnehmenden dazu ihre Gedanken auf Papier gebracht. «Wir beschäftigen uns heute damit, wer wir sind, wie wir geworden sind und immer noch werden», sagt Susanne Andrea Birke, Seelsorgerin im Tabubereich im Pastoralraum Basel Stadt.

Immer beides, nie gleichzeitig

Wichtiges Element des FrauenKirchenFests sind die Tischreden. Mentari Baumann, Geschäftsführerin der Allianz Gleichwürdig Katholisch, tritt als erste Rednerin an. Gut vierzig Frauen hören ihr gebannt zu. Zum Thema «Frau-Mensch-ich» weiss sie Spannendes zu erzählen. Sie sei vieles: Indonesierin und Schweizerin. Lesbisch und verheiratet. Aber der Reihe nach: Aufgewachsen ist Mentari Baumann in Wileroltigen im Kanton Bern. Ihr zweites Zuhause ist Denpasar. In der Hauptstadt von Bali hat ihr Vater ihre Mutter kennen gelernt. Denpasar sei ihr Zuhause aber: «Wir sind keine Balinesinnen, schon rein äusserlich nicht. Wir sind aus Flores.»

Mentari Baumann, Geschäftsführerin der Allianz Gleichwürdig Katholisch hat die erste Tischrede gehalten. | Foto: Vera Rüttimann

Über sich sagt Mentari Baumann: «Ich war immer beides, aber nie gleichzeitig.» In der Kirche aber sei das anders. «Katholisch bin ich immer, egal wo ich bin. Wie fest ich heute mit der klassischen katholischen Liturgie auch hadere, es ist immer gleich.» Bis sie sich in eine Frau verliebt habe. «Dann habe ich gemerkt, dass Sicherheit und Geborgenheit der Kirche an Bedingungen geknüpft sind.» Dabei habe die Kirche das Potenzial, ein sicherer Safe Space für Menschen zu sein. Egal, wie sie seien, betont Mentari Baumann.

Leben im Dazwischen

Als zweites ergreift Elisha Schneider das Wort. Die theologische Fachperson bezeichnet sich als nicht-binäre Transperson. Ein Teil von ihr habe immer das Gefühl gehabt, dass sie nicht weiblich sei. «Mit 60 habe ich erfahren, dass ich non-binär bin», erzählt Elisha Schneider. «Frau sein müssen», sagt Elisha Schneider weiter, «empfand ich als Zwangszugehörigkeit, der ich nicht entfliehen konnte. Es war für mich eine grosse Befreiung, dass es Menschen gibt, die zwischen den Geschlechtern leben.»

Elisha Schneider ist Heilpädagog:in, Theolog:in und Musiker:in und arbeitet in der Offenen Kirche Elisabethen in Basel mit.| Foto: Vera Rüttimann

Nicht überall gebe es eine Einteilung in zwei Geschlechter. Als Beispiel nennt Elisha Schneider American Natives, unter denen Menschen leben, welche die Geschlechter in sich vereinen. «Solchen Menschen wird dort eine hohe spirituelle Kompetenz zugeschrieben.» Elisha Schneider betont: «Ein Dazwischen muss möglich sein. Sonst geht es auf Kosten von Menschen wie mir.»

Frauenbewegt-unterwegs

Die römisch-katholische Pfarrei Rheinfelden ist Gastgeberin des diesjährigen FrauenKirchenFestes. Am Tisch sitzt auch deren Gemeindeleiterin Monika Lauper. Wie alle in diesem Raum, sei sie «Frauen-bewegt» unterwegs. Monika Lauper nennt als Beispiel die Projekte «Draussen vor der Kirchentür» und «Kirche mit den Frauen.» Sie pilgerte 2016 mit einer Gruppe aus dieser Pfarrei nach Rom.

Monika Lauper, Gemeindeleiterin der Pfarrei Rheinfelden | Foto: zVg

Selbstverständlich sei sie dafür, dass Frauen gleichberechtigt auch am Altar stehen könnten. Der Priesterberuf müsse aber neu gedacht werden. «So wie das Amt heute ist, da hat keine Frau Lust, Priesterin zu werden.»

Eine spezielle Kraft

Die Badenerin Sandra-Anne Göbelbecker kommt jedes Jahr ans FrauenKirchenFest. Sie begründet ihre Teilnahme so: «Dort, wo sich Frauen treffen, gibt es eine spezielle Kraft. Ich bin auch hierhergekommen für die Frauen, die dieses FrauenKirchenFest schon so lange organisieren.» Schön findet sie auch die Möglichkeit, zusammen zu essen. «Jede Frau ist mit ihrer Eigenheit willkommen», sagt Sandra-Anne Göbelbecker.

Sandra-Anne Göbelbecker, Sozialarbeiterin und engagiert in der reformierten Kirche Baden plus | Foto: Vera Rüttimann

Auch die Zukunft des FrauenKirchenFestes ist Thema an diesem Abend. Susanne Birke sagt dazu: «Dieser Anlass kommt aus der Frauenkirche-Bewegung. Heute sind die Geschlechteridentifikationen vielfältiger. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, was das für uns bedeutet.» Nicht nur die Geschlechter sind in Bewegung geraten, sondern auch das FrauenKirchenFest.

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