19.07.2023

Serie zur Diakonie: Linda Gaeta, Rheinfelden
«Kirche ist überall»

Von Susanne Siebenhaar, Fachstelle Diakonie

  • 20 Jahre lang leitete die ausgebildete Sozialarbeiterin Linda Gaeta die Pfarrei Rheinfelden mit diakonischem Selbstverständnis.
  • Unter Gaetas Führung ist die kirchliche Arbeit in Rheinfelden zur wichtigen Partnerin in sozialen Fragen geworden.
  • Ein Interview anlässlich Linda Gaetas Pensionierung.


Vor 30 Jahren ist Linda Gaeta als Jugendarbeiterin in der Pfarrei Rheinfelden gestartet. In einer Zeit, in der die kirchliche Relevanz in der Bevölkerung abnahm, behielt Linda Gaeta die Bodenhaftung und konnte so einiges bewirken. Im vergangenen Juni wurde Gaeta pensioniert. Im Interview mit Susanne Siebenhaar, Fachstelle Diakonie der Römisch-Katholischen Kirche im Aargau, schaut sie auf ihre Zeit in der Pfarrei zurück.

Serie Diakonie, Teil 1: Offenes Pfarrhaus in Aarau

Die Fachstelle Diakonie der Katholischen Landeskirche Aargau setzt sich dafür ein, dass Solidarität in der Kirche gelebt und praktiziert wird. Mit einer Artikelserie zur Diakonie macht sie das diakonische Schaffen in der Kirche, in Vereinen und sozialen Institutionen sichtbar. | www.kathaargau.ch/diakonie

Linda Gaeta, wie konnten Sie die Basis für das diakonische Wirken in Ihrer Pfarrei schaffen?
Linda Gaeta: In den ersten Jahren meiner Tätigkeit in Rheinfelden habe ich Pfarrei­arbeit gemacht. Ich habe den Besuchsdienst und die Freiwilligengruppen betreut oder mich vernetzt mit dem Frauenbund. Es war und ist mir wichtig, hinzuhören, Anliegen aufzunehmen, hinzuschauen, was passiert. Nach und nach sind weitere soziale Themen dazugekommen. Aus den vielen Anfragen gab es eine fallübergreifende Gruppe von alleinerziehenden Frauen und Müttern. Ein Aufruf für die Unterstützung von Familien stiess auf grosse Resonanz in der Bevölkerung.

Ein wichtiges Anliegen ist die Vernetzung. Es entstand ein runder Tisch mit allen Playern in der sozialen Arbeit. Da werden die Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und gewichtet. Danach geht es darum, wer welches Thema anpackt. Ich unterstützte diese diakonischen Projekte und war gut aufgehoben darin. Wir sind in der Pfarrei zu einer Anlaufstelle geworden. Wir werden kontaktiert aus der Bevölkerung oder von Institutionen. Diese Anfragen und Bedürfnisse versuchen wir dann, in geeigneter Form zu bündeln. Im letzten Jahr sind so verschiedene Angebote aus einem Bedürfnis entstanden.

Welche Angebote sind das?
In Rheinfelden gab es rund 240 Geflüchtete aus der Ukraine. Aufgrund der vielen Anfragen nach Kleidern haben wir eine Sammelaktion gestartet. Daraus ist eine Kleiderbörse entstanden. Diese ist zweimal in der Woche offen für alle. Da konnten wir eine gute Sache aus der Situation machen. Ein ähnliches Angebot ist im Bereich Lebensmittel entstanden. Wir haben heute einen Lebensmittelmarkt für Menschen mit kleinem Budget. Durch die Unterstützung der Caritas Aargau, der Kirchgemeinde und vieler Freiwilliger konnte dieses Projekt realisiert werden.

Wenn ich ein neues Projekt zum Beispiel in der Frühförderung lancieren möchte, werde ich auch gefragt, was das mit Kirche zu tun hat. Ich sage da jeweils: «Kirche ist überall.» Es braucht Überzeugungsarbeit, und es ist mir wichtig, bei den Menschen und ihren Anliegen zu sein mit meiner Arbeit.

Auch Jugendliche sind hier willkommen. In einem Gespräch mit einer Lehrperson entstand die Idee für das Angebot der Praktikumsplätze in der Pfarrei für schulmüde Jugendliche. Die Jugendlichen werden in die Pfarrei strafversetzt und leisten einen gemeinnützigen Einsatz. Die Jugendlichen kehren nach dem Praktikum mit einer neuen Erfahrung in die Schulstube zurück.

Wie geht es in der Pfarrei nach Ihrer Pensionierung weiter?
Die Stelle wird wieder neu besetzt werden. Zudem gibt es einen Kirchlichen Regionalen Sozialdienst der Caritas Aargau in Rheinfelden. Es wird anders weitergehen und das darf es auch. Das Selbstverständnis, hier soziale Arbeit zu machen, ist in der Pfarrei verankert. Das freut mich. Für mich ist es der richtige Zeitpunkt. Ich habe fünf Enkelkinder und ich werde das Angebot des Lebensmittelmarkts auch als freiwillig Engagierte weiter unterstützen. Für andere Gruppen ist es auch möglich, sich selbständig weiterzuentwickeln, ohne mich. Es ist ein fruchtbarer Boden da, aus dem die Menschen mit eigener Energie wachsen können.

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