29.12.2013

Mehr als eine Wanderung

Von Horizonte Aargau

Rita Casella ist eine von zwölf Pilgerinnen und Pilgern, die sich Ende September 2013 zur letzten Etappe einer von Bildung Mobil organisierten Pilgerreise auf dem Jakobsweg aufmachten. Nur die wenigsten Teilnehmenden hatten wie Rita Casella alle drei Etappen und damit den gesamten «Camino francés», wie die klassische, durch Spanien führende Jakobspilgerstrecke genannt wird, durchlaufen. Für alle, die es auf sich genommen haben, allerdings ein besonderes Erlebnis, wie das Interview zeigt.

Frau Casella, wie haben Sie das Pilgern erlebt?
Rita Casella: Ich fand es faszinierend, wie man gewisse Probleme, die sich durch Gespräche nicht lösen lassen, durch das ständige Laufen einfach loslassen kann. Weil man statt Alltagssorgen nur das Nötigste dabei hat, wird man auch ganz offen für verschiedenste Erfahrungen.

Welche Erfahrung war für Sie besonders prägend?
Auf der ersten Pilgerreise hatte ich ein besonders schönes Erlebnis. Ich ging ein Stück alleine und begegnete bei einem Anstieg einem alten Mann auf einem Traktor. Als ich ihm winkte, schenkte er mir sein strahlendstes Lachen und in diesem Moment waren plötzlich alle meine Gedanken bei meinem verstorbenen Vater. Als ich danach alleine den Berg hinauf ging, konnte ich richtiggehend mit meinem Vater kommunizieren. Dieser Moment machte mich sehr glücklich und erfüllte mich mit einer grossen Ruhe. Solche Schlüsselerlebnisse nimmt man nach Hause mit und vergisst sie nicht mehr. Das ist unbezahlbar.

Was hat Sie auf den Jakobsweg geführt?
Nach dem Tod meines Vaters vor 15 Jahren habe ich auf einer Reise nach Spanien ein Buch über diesen Weg entdeckt. Seit da hat mich die Idee, so lange unterwegs zu sein, nicht mehr losgelassen. Als ich ein erstes Mal alleine auf dem Schweizer Jakobsweg ging, verirrte ich mich auf einem Abschnitt total. Dies lag jedoch nicht an der Wegmarkierung. Die Situation passte vielmehr zu meinen durchgemachten Lebenssituationen. Mein Weg verlief auch nicht immer gradlinig. Als ich dann in Einsiedeln ankam und alle Glocken läuteten, wusste ich, dass ich den Jakobsweg einmal alleine gehen will.

Weshalb haben Sie sich für die Gruppenreise entschieden?
Die erste Etappe mit der Gruppe ergab sich eher zufällig. Ich kam mir dabei zwar nicht so nahe wie auf der ersten Schweizer Pilgerstrecke, doch weil mich die tiefen Gespräche und Erfahrungen in der Gruppe sehr erfüllten, ging ich ein zweites und drittes Mal mit und bin heute sehr froh darüber. Bernhard hat uns mit seinen täglichen Morgengedanken einen Faden auf den Weg mitgegeben, den ich alleine wohl so nicht gefunden hätte. Die Reise war für mich auch eine Art Vorbereitung. Nun habe ich den Mut, den ganzen Jakobsweg von zu Hause aus oder einen anderen Weg einmal ganz alleine zu gehen. Doch wie und wo das geschieht, steht noch in den Sternen.    Melanie Keim

 

Am Dienstag, 31. Dezember 2013 gibt es im neuen Aargauer Pfarrblatt Horizonte einen weiterführenden Artikel über die Pilgerreise auf dem Jakobsweg.

 

NeueWege
Vom 28.09. -11.10.2014 wird Bernhard Lindner mit einer kleinen Gruppe eine erste Etappe des Jakobsweges «Camino de la Costa» in Spanien gehen. Diese Route ist etwas länger und rauher als die klassiche Route, dafür wird sie weniger häufig begangen und besticht durch eindrückliche Landschaften. Für Interessierte findet am 23. Janaur ein Informationsabend im Pfarrhaus Oeschgen statt. Eine Anmeldung ist nicht nötig. www.bildung-mobil.ch

Themen Nachrichten
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Abonnieren Sie unseren Newsletter. Er erscheint alternierend zur Printausgabe alle zwei Wochen – immer mit den aktuellsten Horizonte-Geschichten und oftmals spannenden Verlosungen.