04.08.2022

Die internationale Militärwallfahrt nach Lourdes als Friedensmission
Militärwallfahrt in Zeiten von Krieg

Von Peter W. Frey

  • Nach drei Jahren Unterbruch pilgerten dieses Jahr wieder Tausende von Soldaten aus aller ​Welt nach Lourdes.
  • Angesichts des Ukrainekrieges war das Wallfahrtsthema «Meinen Frieden gebe ich Euch» brandaktuell.
  • In der Schweizer Pilgerorganisation sind Aargauer sehr aktiv.

Jedes Jahr pilgern mehrere Millionen Menschen nach Lourdes, wo 1858 der 14-jährigen Bernadette Soubrious in der Grotte von Massabielle wiederholt die Jungfrau und Gottesmutter Maria erschienen sein soll. Tausende Kranke und Verletzte erhoffen sich Heilung vom Wasser aus der Quelle in der Grotte. Bis heute hat die römisch-katholische Kirche siebzig Heilungen als Wunder anerkannt. Einmal im Jahr prägen während dreier Tage Männer und Frauen in Uniform aus ganz Europa, Amerika, Afrika und Asien das Strassenbild von Lourdes – es ist die Zeit der Internationalen Militärwallfahrt.

Frieden und Versöhnung

Entstanden ist die Wahlfahrt für Armeeangehörige aus einer Pilgerreise von französischen Soldaten zum Marienheiligtum 1944, also noch während des zweiten Weltkrieges. Nach dem Krieg kamen auch Soldaten aus anderen europäischen Ländern dazu, und 1953 trafen sich 15000 ehemalige Frontkämpfer aus den einst verfeindeten Ländern, um für Frieden und Versöhnung zu beten.

1958 jährten sich die Erscheinungen Mariens in Lourdes zum hundertsten Mal. Seit dann gibt es die jährliche «Pèlerinage Militaire International» (PMI), deren Organisation unter der Leitung des jeweiligen französischen Militärbischofs steht. 15 000 bis 20 000 Soldaten und Soldatinnen aus bis zu 50 Ländern reisen jeweils für drei Tage nach Lourdes, feiern Gottesdienste und erleben Begegnungen über Armeen hinweg.

80 Personen reisten mit

Urs Buser, pensionierter Diakon von Stein und ehemaliger Armeeseelsorger, nahm bisher an nicht weniger als 34 Lourdeswallfahrten teil und ist heute noch im Vorstand der Schweizer Vereinigung PMI Lourdes aktiv. Auch der Präsident der Vereinigung, Oberst Markus J. Schmid, wohnt im Aargau, und der Leiter der diesjährigen Schweizer Delegation in Lourdes, Armeeseelsorger Andreas Stüdli, war Pfarrer im Pastoralraum Zurzach-Studenland.

Nach zwei Jahren, in denen die Militärwahlfahrt wegen der Coronapandemie nicht stattfinden konnte, reisten in diesem Jahr rund 80 Personen aus der Schweiz, darunter ein Militärspiel-Detachement, mit dem Flugzeug nach Lourdes. In früheren Jahren waren es bis zu 250 Uniformierte und Angehörige. Schmid und Buser verhehlen nicht, dass der Alters-​durchschnitt der Schweizer Pilger in Uniform in den letzten Jahren gestiegen ist. Nachwuchssorgen auch hier.

Zurück in den Krieg

Erstmals seit den Balkankriegen von 1991 bis 2001 fand die diesjährige Militärwallfahrt dieses Jahr während eines bewaffneten Konflikts in Europa statt. «Wer kennt besser als die Soldaten das Unglück des Krieges und den Preis für Frieden?» Diese Frage im Pilgerheft der Schweizer Teilnehmer und Teilnehmerinnen erlangte durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine ganz besondere Dimension. Die Ukraine war mit einem kleinen Detachement und einer Fahnendelegation in Lourdes präsent, die überall mit Applaus begrüsst wurden. «Wenn du diesen Kameraden begegnest und du weisst, die müssen nachher zurück in den Krieg, das gibt dir schon zu denken», sagt Markus J. Schmid. Für ihn bedeutet Lourdes vor allem, «Gemeinschaft zu erleben mit Menschen, die das gleiche Anliegen teilen».

«Das wahre Wunder»

An den Militärwahlfahrten nehmen immer auch Hunderte von kriegsversehrten und kranken Soldaten teil, in der Hoffnung auf wundersame Heilung durch das Wasser in der Grotte von Massabielle. So werden jedes Jahr 200 kranke und körperlich behinderte Armeeangehörige mit Begleitpersonen kostenlos aus den USA eingeflogen, finanziert von den Knights of Columbus (Kolumbusritter), einer der grössten katholischen Laienorganisationen weltweit. Für Diakon Urs Buser sind diese kranken und behinderten Pilger das wahre Wunder von Lourdes: «Es ist unglaublich, welche Kraft und Zuversicht diese Menschen ausstrahlen.»

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