14.02.2023

«Ökumenisch Lernen – Ökumene lernen» – eine Tagung an der Universität Luzern
Ökumenisch ist katholisch

Von Eva Meienberg

  • Die Ökumene gehört zum Auftrag der römisch-katholischen Kirche, sagt die Leiterin des Ökumenischen Institutes, Nicola Ottiger.
  • Ökumene muss eingeübt werden und hilft die eigene Identität zu schärfen, sagt der Christkatholische Pfarrer Adrian Suter.
  • Joachim Köhn, Leiter der Fachstelle Katechese-Medien im Aargau sagt: Ökumene bedeutet gemeinsame Strukturen zu unterhalten.

Die Zeiten sind vorbei, in denen interkonfessionelle Ehen zwischen Katholikinnen und Reformierten zu familiären Zwisten führten. Diesen Fortschritt verdanken wir auch der ökumenischen Bewegung, die ihre Anfänge in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte.

Ökumene ist eine Hauptaufgabe

Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat die ökumenische Bewegung auch in der römisch-katholischen Amtskirche Fahrt aufgenommen. Das Dekret Unitatis redintegratio – die Wiedererlangung der Einheit – machte die Ökumene beziehungsweise das Wiederherstellen der «Einheit aller Christen» zu einer Hauptaufgabe der römisch-katholischen Kirche. Vermutlich dachte Nicola Ottiger, Leiterin des Ökumenischen Instituts, just an diesen Auftrag, als sie an der Tagung «Ökumenisch lernen – Ökumene lernen» sagte: «Wer nicht für die Ökumene ist, ist nicht römisch-katholisch».

Doch was genau ist römisch-katholisch? Das Wissen darüber gehe immer mehr verloren, waren sich die Referentinnen und Referenten an der Tagung an der Universität Luzern einig. Der Wissensverlust spiegelt sich nicht zuletzt im Bedeutungsverlust des kirchlichen Religionsunterrichtes. Gut schweizerisch ist diese Entwicklung von Kanton zu Kanton verschieden und selbst in den Kantonen variieren die Lösungen in den verschiedenen Gemeinden.

Aus der Schule verschwunden

Eine Art Hauptpfad gibt es dennoch. Kuno Schmid, ehemaliger Dozent am Religionspädagogischen Institut und an der Pädagogischen Hochschule Solothurn, zeichnete diesen in seinem Vortrag nach. Er beginnt beim kirchlich organisierten und finanzierten Katechismusunterrichts in der Schule des 19. Jahrhunderts und führt zum bekenntnisunabhängigen Religionsunterricht in der Gegenwart. Die Entwicklung zeigt deutlich, wie der kirchliche Religionsunterricht immer mehr aus den Schulen verschwindet oder vielfach schon verschwunden ist. Mit dem Verschwinden des kirchlichen Religionsunterrichts schwindet selbstredend auch das Wissen über die eigene religiöse Zugehörigkeit.

Das Eigene im Anderen erkennen

Ist das schlimm? Und was hat das Ganze mit Ökumene zu tun? Adrian Sutter, Pfarrer der christkatholischen Kirche, ist überzeugt, dass die christkatholische Kirche ihre eigene Position erst im ökumenischen Kontext gefunden habe. Er macht sich darum stark für einen Religionsunterricht, der die Kinder die ökumenische Differenzierung lehrt. Wenn man in der Lage sei, in einer anderen Kirche das Eigene wiederzuerkennen, dann sei eine kirchliche Gemeinschaft möglich, erklärte er den rund 80 Tagungsteilnehmenden.

Adrian Suter sieht die Ökumene im Bildungsbereich darum als Ressource, allerdings müsse noch viel ins Differenzierungslernen investiert werden. Die Christkatholische Kirche der Schweiz ist denn auch Mitglied in der Ausbildungskooperation OekModula mit der katholischen Kirche der Kantone Baselland, Baselstadt und Solothurn und der reformierten Kirche der Kantone Baselland und Solothurn.

Ökumenisch ausbilden, ökumenisch unterrichten

Mit OekModula werden seit 2012 Katechetinnen und Katecheten und Religionslehrpersonen ökumenisch ausgebildet. Mit dem erlangten Fachausweis kann sich also eine römisch-katholische Katechetin von einer reformierten Kirchgemeinde für den ökumenischen Religionsunterricht anstellen lassen. Solche Fälle gebe es, heisst es auf Anfrage bei OekModula, sie seien aber gebietsweise unterschiedlich und eher Ausnahmen.

Joachim Köhn, Leiter der Fachstelle Katechese-Medien | Foto: Roger Wehrli

Ökumene heisst auch gemeinsame Ressourcen nutzen

«Ein wichtiger Aspekt der Ökumene ist auch im Bildungsbereich, dass wir konfessionsübergreifende Ressourcen nutzen.», sagt Joachim Köhn. Er leitet die Fachstelle Katechese-Medien der römisch-katholischen Kirche im Aargau. «Wir können als Kirchen gemeinsam mehr erreichen, als wenn wir einzeln unterwegs sind.»

Die Ausbildung zur Katechetin/ zum Katecheten dauert drei bis fünf Jahre und besteht aus zehn Modulen. Sie befähigt zur Erteilung von konfessionellem Religionsunterricht in der Volksschule und zur Katechese im Pastoralraum/ in der Pfarrei. Ausserdem feiern die Katechetinnen und Katecheten Gottesdienste mit Kindern und Jugendlichen und initiieren religiöse Projekte für alle Altersgruppen.

Nirgends in der Deutschschweiz würden mehr Katechetinnen und Katecheten ausgebildet als in der ökumenischen Ausbildung ModulAar im Kanton Aargau, sagt Joachim Köhn. Hier werden reformierte und katholische Katechetinnen und Katecheten gemeinsam ausgebildet. Hätte die Christkatholische Kirche mehr personelle Ressourcen, wären auch sie mit an Bord, sagt der Fachstellenleiter.

Aber auch Joachim Köhn sieht den Rückzug der Kirche aus der Volksschule. Diese ist im Aargau verpflichtet den Kirchen Räume und Zeitfenster im Stundenplan zur Verfügung zu stellen. Doch mit dem Lehrplan 21 hat sich der Bedarf an Schulzimmern vergrössert. Nicht alle Räume in den Schulen seien geeignet für einen zeitgemässen Religionsunterricht. Oft sei es für die Katechetinnen und Katecheten pragmatischer und aus organisatorischen Gründen einfacher in Räumen der Pfarrei zu unterrichten. Mit dieser örtlichen Verschiebung gebe es auch eine Inhaltliche. Weniger konfessioneller Religionsunterricht am Lernort Schule – mehr Katechese am Lernort Pfarrei.

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