13.08.2023

«Patagonia» gewinnt den Ökumenischen Preis am Locarno Film Festival

Von Charles Martig

Im Film «Patagonia» geht es um eine ungleiche Beziehung zwischen zwei Männern. Der unsichere und hilflose Yuri trifft an einem Kindergeburtstag auf den Clown und Artisten Agostino. Für Yuri hat der Freigeist Agostino eine faszinierende Anziehungskraft. Yuri entflieht seinem Alltag und seiner Unsicherheit. Er steigt ins Wohnmobil und lässt sich von Agostino in die Welt der fahrenden Schausteller und Artisten entführen.

Überzeugende und menschliche Geschichte

Die Geschichte dieser Beziehung ist schmerzhaft anzuschauen, weil sie voller Doppeldeutigkeit ist. Agostino nutzt Yuri aus, zeigt sich dominant und beschützend zugleich. Für den jungen Yuri ist es eine Achterbahn der Gefühle. Die Figuren-Konstellation erinnert an Fellinis «La Strada». Doch trotz der Ambiguitäten gelingt es dem Film, die ungleiche Beziehung in eine überzeugende und menschliche Geschichte zu fassen.

«Ihre Beziehung führt beide auf eine gefährliche Reise zu sich selbst. Patagonia bewegt sich zwischen Gewalt und Zartheit, Obsessivität und Selbstentdeckung. Der Film entlässt die Zuschauerinnen und Zuschauer in einen mehrdeutigen Raum, in dem Verwandlung und Hoffnung möglich sind», begründet die Jury die Auszeichnung. Der Preis ist mit 10’000 Franken dotiert und geht an den Regisseur Simone Bozzelli. Das Preisgeld wird von der Evangelisch-reformierten Kirche und der Römisch-katholischen Kirche der Schweiz zur Verfügung gestellt.

Film aus Rumänien mit besonderer Erwähnung

Neben «Patagonia» erwähnt die Jury den rumänischen Wettbewerbsbeitrag von Radu Jude. In «Do Not Expect Too Much of the End of the World» (Erwarte nicht zu viel vom Ende der Welt) geht es um ein anspruchsvolles und kluges Gesellschaftsporträt in Bukarest. Radu Jude erhält in Locarno ein Lobende Erwähnung für seinen Film. «Der Film besticht durch konzise Kapitalismuskritik und seinen selbstreflexiven Modus. Die osteuropäischen Protagonistinnen und Protagonisten behalten trotz der repressiven Arbeitsbedingungen ihre kulturelle Souveränität.»