25.05.2017

Seelsorge in kantonalen Asylunterkünften

Von Anne Burgmer

Im Bundesasylzentrum in Bremgarten gab es ein ökumenisches Team, welches im Auftrag der Landeskirchen Seelsorge für die Geflüchteten angeboten hat. Die Zuständigkeit für die kantonalen Unterkünfte liegt demgegenüber auf der Ebene der Pfarreien.

Auf Anfragen bei den Landeskirchen, wie es um die Seelsorge in kantonalen Asylunterkünften bestellt sei, gibt es einerseits die einstimmige Antwort, dass es – anders als mit dem Bund – mit dem Kanton kein Abkommen über die Seelsorge gibt. Andererseits stellen die Reformierte und die Römisch-Katholische Landeskirche je andere Aspekte heraus.

Landeskirche ab einer bestimmten Grösse zuständig

Der Reformierte Jürg Hochuli, Bereichsleitung Gemeindedienste, sagt: «Das Kirchenleitungstreffen hat das Thema zwar schon bedacht, aber im Moment ist nicht klar, ob das von Seiten des Kantons beziehungsweise des Departements Gesundheit und Soziales überhaupt gewünscht wäre. Erst dann kann konkret geplant werden».

Luc Humbel, Kirchenratspräsident der Römisch-Katholischen Landeskirche im Aargau weist auf einen anderen Aspekt hin: « Im Zusammenhang mit Überlegungen zum Bundesasylzentrum in Bremgarten stellte sich die Frage nach den kantonalen Unterkünften. Die Überlegungen waren in diesem Punkt ähnlich wie bei anderen Sonder-Seelsorgebereichen. Die gibt es immer dort, wo seelsorgliche Begleitung den Seelsorgerinnen und Seelsorgern der zuständigen Pfarrgemeinde aufgrund der Grösse nicht mehr zugemutet werden kann, beispielsweise im Bereich der Spitäler. Wir sind dann zu dem Ergebnis gekommen, dass keine der kantonalen Asylunterkünfte eine Grösse überschreitet, mit der die zuständige Pfarrei überfordert wäre».

Der Kanton hat kein Problem mit Seelsorge

Gregor Tolusso, Pfarrer in der Pfarrei Peter und Paul Aarau erklärt auf Anfrage, der Besuch eines Asylzentrums sei sehr wohl möglich, aber nur auf ausdrücklichen Wunsch eines Bewohners. Besuche ohne Einladung würden als Missionierung eingestuft und seien deshalb nicht erlaubt. Anja Kopetz, stellvertretende Leiterin Kommunikation des Departements für Gesundheit und Soziales (DGS) im Kanton Aargau, präzisiert: «In den kantonalen Unterkünften für Asylsuchende gibt es kein grundsätzliches Verbot für Seelsorge. Die Unterkünfte stehen für Besucherinnen und Besucher während den Besuchszeiten uneingeschränkt offen, eine kurze Anmeldung bei der Betreuung begrüssen wir aber in jedem Fall».

Aus dem DGS, dem auch die Betreuung der Unterkünfte obliegt, heisst es aber auch: «Stellen die Betreuungspersonen jedoch fest, dass sich die Bewohner von den Besucherinnen und Besuchern gestört oder sogar bedrängt fühlen, oder dass von den Besuchenden in irgendeiner Form missioniert wird, bitten wir die Personen das Haus/Areal zu verlassen.» Diese Haltung liege unter anderem im Schutz der Bewohner begründet.  Mit Vertreterinnen und Vertretern der Landeskirchen habe es bislang aber keine Probleme gegeben, heisst es weiter.

Wichtig ist eine sinnvolle Koordination der Angebote

Seitens des Kantons macht man sich auf jeden Fall Gedanken. Es wäre – so eine Überlegung – strukturell sinnvoll, die Seelsorge in die regionalen Koordinationsstellen zu integrieren. Diese Koordinationsstellen entstehen seit Juli 2016. Sieben sind es bisher, die eine gute Organisation der wachsenden Freiwilligenarbeit im Bereich Asylwesen und Flüchtlingsbegleitung im Kanton gewährleisten sollen.

Sowohl Anja Kopetz als auch Luc Humbel verweisen als Beispiel auf die entsprechende Stelle für Brugg, Windisch und Birr. Dort ist die Koordinationsstelle für die Freiwilligenarbeit im Bereich Asylwesen dem Fachbereich Soziales der Kirchgemeinde Brugg angegliedert. Leiterin ist Iris Bäriswyl. Auf Seelsorge für Flüchtlinge in den Unterkünften angesprochen, erklärt sie: «Die Flüchtlinge nutzen in erster Linie unsere diakonischen Angebote. Dadurch, dass die Unterkünfte hier sehr klein sind, wäre es auch schwer, einen festen Seelsorger nur für die Flüchtlingsseelsorge zu installieren».

Neue Überlegungen, wenn der Kanton die Unterkünfte vergrössert

Sollte sich ein Flüchtling mit dem konkreten Wunsch nach Seelsorge bei der Stelle melden, könne ihm auf jeden Fall ein entsprechender Kontakt vermittelt werden. «Es wäre gut, wenn den Flüchtlingen entsprechende Informationen in den Unterkünften zur Verfügung stehen würden. Wichtig ist auch, dass das Thema interreligiös angegangen wird», erklärt Iris Bäriswyl weiter.

Wenn es also grundsätzlich kein Problem ist, Seelsorge für Flüchtlinge in den kantonalen Unterkünften anzubieten, bleibt die Frage nach der Grösse der Unterkünfte. Im Mai 2016 hat der Kanton den Startschuss für das Projekt Kantonale Grossunterkünfte gegeben. Zwischen 100 und 150 Plätze sollen in den Unterkünften zur Verfügung stehen, die erste soll im Jahr 2019 realisiert sein.

«Sollte der Kanton Unterkünfte so vergrössern, dass wir den Eindruck bekommen, wir müssen die Überlegungen neu auf den Tisch bringen, werden wir das auch machen. Wir würden gleichzeitig nicht warten, bis der Kanton auf uns zukommt, sondern proaktiv an das Thema herangehen», sagt Luc Humbel. Die Landeskirchen seien aufgrund der guten ökumenischen Zusammenarbeit geübt darin, auch kurzfristig und zügig brennende Themen anzupacken.

Adressen der Koordinationstellen für Freiwilligenarbeit.

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