09.11.2017

Taizé Basel mobilisiert Nordwestschweiz

Von Andreas C. Müller

  • Zum Europäischen Taizé-Jugendtreffen in Basel vom 28. Dezember 2017 bis 1. Januar 2018 erwarten die Organisatoren 20 000 Gäste. Horizonte zeigt auf einer Karte, wo diese unterkommen.
  • Im Aargau nehmen 11 Kirchgemeinden Gäste auf. Meist junge Leute organisieren mit ihrem Kirchgemeinde-Team Schlafplätze, Morgengebete und verschiedene Feiern.
  • Taizé-Gastgemeinden müssen 50 Schlafplätze bei Privatpersonen anbieten. Kein einfaches Unterfangen.

 

«Dieses Jahr ist das Europäische Jugendtreffen ein ganz besonderes – es findet zum 40. Mal statt und erst noch in drei Ländern auf einmal», erklärt Jorge Ende Oktober in Erlinsbach. Der junge Spanier besucht zusammen mit dem 22-jährigen Deutschen Berni im Auftrag der Taizé-Bruderschaft die kleine Gemeinde am Grenzverlauf der Kantone Solothurn und Aargau.

Suche nach Gastfamilien verläuft harzig

Bereits dreissig Gemeinden in der Nordwestschweiz haben die beiden Taizé-Volontäre in den letzten Wochen besucht. Ihr Auftrag: Die Gastgemeinden informieren und bei den Vorbereitungen unterstützen. Die wichtigste Frage: Wie finden wir Familien, die bereit sind, Jugendliche für vier Nächte bei sich aufzunehmen? Kein einfaches Unterfangen, wie Berthold Kessler vom Seelsorgeverband Eiken-Stein gegenüber Horizonte bestätigt. Der Pastoralassistent denkt darum bereits an eine Kooperation mit anderen Gemeinden. «Das kann auch grenzüberschreitend sein – mit Bad Säckingen beispielsweise.»

20 000 bis 25 000 junge Menschen erwartet Jorge. In Erlinsbach wollen Ruth Gradwohl (19) und Joanne Belser (18) möglichst 50 Personen unterbringen, um die Vorgaben für eine Taizé-Gastgemeinde zu erfüllen. Noch sind sie weit davon entfernt. Die Zahl 50 habe man definiert, damit es in den Gemeinden Morgengebete und Gottesdienste mit einer grossen Zahl an Gästen gebe, erklärt Frère Richard vom Taizé-Vorbereitungsteam gegenüber Horizonte.

«50 Plätze» ist kein Killerkriterium

Es sei aber nicht so, dass nicht mitmachen könne, wer diese Zahl nicht erreiche. «Die Erfahrung hat gezeigt: Wer bis im Laufes des Novembers 30 Plätze anbieten kann, schafft auch 50», weiss Frère Richard. «Bei Nachfragen erklären sich die Gastgeber dann oft noch bereit, eine Person mehr aufzunehmen.» Druck mache man aber nicht. «Wir haben noch immer eine Lösung gefunden, damit Gastgemeinden mitmachen können.» Als letzten Ausweg nutze man Kollektivunterkünfte wie Pfarreizentren.

Für den Erlinsbacher Pfarrer Beda Baumgartner steht jedenfalls fest, dass er Ruth und Joanne nach Kräften unterstützen will: «Ich werde persönlich verschiedene Menschen ansprechen», so der Seelsorger. Die Vorfreude auf den Anlass und der Umstand, dass Erlinsbach für ein paar Tage Teil eines grossen spirituellen europäischen Jugendfestivals wird, ist ihm sichtlich anzumerken. «Das Taizé-Treffen ist für all jene, die Gäste aufnehmen, die Chance auf ein unvergessliches Erlebnis.» Auch die Clara-Schwestern aus dem Laurenzenbad wollen Gäste aufnehmen. Etwas 10 bis 15, heisst es auf Nachfrage.

Erstmals drei Länder an der Durchführung beteiligt

Bereits zum zweiten Mal innert zehn Jahren findet in der Schweiz ein Europäisches Taizé-Jugendtreffen statt. 2007 hätten Genf und Lausanne in Zusammenarbeit mit angrenzenden französischen Diözesen den Anlass ausgerichtet, erinnert sich Frère Richard. Der gebürtige Berner gehört schon lange der Gemeinschaft von Taizé an. Die guten Erfahrungen von damals hätten Basel sicherlich den Weg geebnet, glaubt Frère Richard. Neu sei, dass mit Frankreich, Deutschland und der Schweiz erstmals drei Länder an der Durchführung beteiligt seien. «Ein starkes Zeichen in einer Zeit, wo so viel über Grenzen gesprochen wird», freut sich Frère Richard.

Wie die Aufnahme von Gästen genau funktioniert, erklären die Taizé-Volontäre vor Ort. In Erlinsbach Berni und Jorge: «Niemand, der nach Basel reist, weiss bis zu seiner Ankunft, wo er unterkommt. Auch die Gastgeber wissen nichts über ihre Gäste», erklärt Berni. Das sei eben Teil des Pilgerweges des Vertrauens. «In Basel empfangen wir die Jugendlichen und geben ihnen einen Wegbeschrieb mit Telefonnummer einer lokalen Kontaktperson mit», so Berni weiter. «In diesem Moment rufen wir auch die Gastgeber an und teilen mit, dass die Gäste angekommen sind.»

«Die Gäste brauchen kein Bett, nur Platz für die Schlafmatte»

In Erlinsbach werden am 28. Dezember Ruth und Joanne unterwegs sein und Jugendliche dabei unterstützen, den Weg zu ihren Gastfamilien zu finden.«Bereitet euren Gästen einen einfachen, aber herzlichen Empfang, ermahnt Jorge. Zum Schlafen brauchen eure Gäste kein Bett. Sie haben ihre Matten und Schlafsäcke dabei. Das reicht. Geniesst den Austausch mit euren Gästen. Diese wollen von euch erfahren, wer ihr seid, wie ihr lebt. Und sie wollen von sich erzählen. Das steht im Vordergrund

«Die Grundidee des Treffens ist, dass es zu einem Austausch zwischen den Gästen und der lokalen Bevölkerung kommt», betont Fabian Dinkel, der seit bald einem Jahr als Koordinator für Taizé Basel arbeitet. «Die Begegnungen können lange nachwirken. Es geschieht immer wieder, dass der Kontakt zwischen Gastfamilien und Teilnehmenden weitergeht.»

Ein Hauch Internationalität für viele kleine, ländliche Orte

Die grossen Happenings finden in Basel statt. Aber nicht minder wichtig ist das Programm in den Gastgemeinden. In Erlinsbach werden Ruth und Joanne Morgengebete für die Gäste und Pfarreiangehörigen organisieren. Vorgesehen ist zudem, dass die Gäste an Silvester und Neujahr an den Gottesdiensten in der Gastpfarrei teilnehmen. Für Pfarrer Beda Baumgartner ist klar: «Das sollen internationale Gottesdienste werden.» Wer ein Instrument dabei hat, soll die Gesänge begleiten dürfen. Und natürlich hoffe er auch, dass einige von den Gästen im Gottesdienst von sich berichten und ein Zeugnis ihres Glaubens geben.

Höhepunkt in den Gastgemeinden werde das «Fest der Kulturen», erklärt Jorge. «Das ist im Grunde ein bunter Abend», an dem Gastgeber und Gäste einander mit verschiedensten Darbietungen überraschen, so Berni.

Insgesamt sind über 100 000 Menschen involviert

Die singenden Jugendlichen aus aller Herren Länder, die gute Stimmung, die Aussicht auf spannenden Austausch, der Hauch von Internationalität, das gelebte Vertrauen und unverkrampfte Religiosität: Die Idee, Teil von etwas so Faszinierendem zu sein, mobilisiert. «All jene, die sich in den Gemeinden an der Organisation des Treffens beteiligen und die mehrköpfigen Gastfamilien – zusammengezählt sind das gegen 100 000 Personen», meint auch Fabian Dinkel stolz.

 

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