26.02.2023

Am 26. Februar findet in Solothurn seine Bischofsweihe statt
Heute Sonntag, 15 Uhr: Bischofsweihe von Josef Stübi im Livestream

Von Eva Meienberg


Ist Ihnen im vorletzten Herbst an der Maggia ein Herr, mittelgross, stämmig mit grauem Haar entgegengekommen? War er versunken in seine Lektüre und spazierte dennoch trittsicher dem Tessiner Fluss entlang? Dann muss es Josef Stübi, Stadtpfarrer von Baden und zukünftiger Weihbischof von Basel, gewesen sein.

Vermutlich war er in jener Situation aber gar nicht am Lesen, sondern vielmehr beschäftigt mit seinen Gedanken. Die Kunde von der möglichen Berufung zum Weihbischof erreichte Josef Stübi just in seinen Ferien. Bischof Felix fragte an, ob das Amt für den 61-jährigen Freiämter eine Option sein könnte.

Mitfeiern

Die Weihe findet am Sonntag, 26. Februar, um 15 Uhr in Solothurn statt. Der Zutritt in die Kathedrale ist nur mit einer Platzkarte möglich. Der Gottesdienst wird per Livestream auf der Homepage des Bistums Basel übertragen. Bericht und Bilder zur Bischofsweihe finden Sie ab Montag, 27. Februar, auf www.horizonte-aargau.ch

Wunderbare Welt

Einmal habe er sich beinahe verlaufen. «Ich wusste, dass da irgendwo ein Weg sein musste, aber ich sah ihn nicht», erinnert er sich im Gespräch im Pfarrhaus am Kirchenplatz in Baden. Bis zur Bischofsweihe dauert es noch zwei Wochen. Ob dieser Satz symbolisch zu verstehen sei, frage ich. Das könne man durchaus so sehen, sagt er. Die Welt von Josef Stübi ist reich an Zeichen und Symbolen.

«Wer nicht glaubt, dem ist eine wunderbare Welt verschlossen», ist er überzeugt. Im vergangenen Herbst stand Josef Stübi zusammen mit seinen Geschwistern am Bett der sterbenden Mutter. An jenem Sonntagmorgen läuteten die Glocken zum Gottesdienst, wie damals, als die Mutter auf die Welt gekommen war. Der Bruder öffnete das Fenster, damit sie das Geläut besser hören konnte. Einige Minuten nachdem die Glocken verklungen waren, habe die Mutter ihren letzten Atemzug getan.

«Für viele Menschen, hat das Läuten der Glocken einen tiefen Sinn» sagt der Seelsorger. Die Glocken laden ein zum Gottesdienst, wo das Geheimnis einer grossen Liebe gefeiert werde, die stärker sei als alles, stärker als der Tod.

Berufswunsch: Pfarrer

Als ältestes von drei Kindern ist der Bauernsohn auf einem kleinen Hof in Dietwil im Oberfreiamt aufgewachsen. Der Dorfpfarrer habe sich daran erinnert, wie er ihm als kleiner Bube gesagt habe: «Du Pfarrer, ech wott de au emou das wärde, wott du besch.»

In der Pubertät sei die Beziehung mit Jesus – die Josef Stübi als Freundschaft beschreibt – lebendig geworden. Damals habe er verstanden, dass Jesus Mensch gewesen sei. Mit den gleichen Fragen, Problemen und innere Kämpfen, wie er sie damals gehabt habe. «Die Freundschaft mit Jesus hat sich im Laufe der Jahre bis auf den heutigen Tag erhalten und vertieft.»

Früher Tod des Vaters

Der Glaube habe ihm auch geholfen, als er seinen Vater mit 17 Jahren durch einen Unfall auf dem Hof verlor. Sein Bruder und er hätten den Hof noch eine Woche geführt, dann wurden die Tiere und das Heu weggebracht, die Maschinen versteigert, der Hof aufgelöst.

Nach der Matura in Immensee studierte Josef Stübi Theologie und Philosophie in Luzern und München. 1986 schloss er das Studium mit einer Arbeit in Kirchengeschichte ab.

Reisen auf kirchlichen Gleisen

Die Priesterweihe erfolgte am 20. August 1988 in der Marienkirche in Windisch durch Bischof Otto Wüst. Bevor er 1994 seine erste Pfarrstelle antrat, machte er sich auf nach Zimbabwe, wo seit 1938 die Missionsgesellschaft Bethlehem beheimatet ist. Einer der Missionare stammte aus seinem Heimatdorf.

Er sei meistens auf kirchlichen Gleisen gereist, als Gast einer Kirche im Ausland. In Zimbabwe feierte Josef Stübi Erstkommunion unter Bäumen, mit Baumstämmen als Bänke und Lektoren, die nach jeder Lesung gleich selber predigten.

Bis 2008 stand Josef Stübi der Luzerner Pfarrei Hochdorf vor, in Luftlinie gar nicht weit von seinem Heimatdorf Dietwil entfernt. Sechseinhalb Jahre teilte er dort das Pfarrhaus mit Pater George aus Indien. «Er hat meinen weltkirchlichen Horizont erweitert». Dreimal reiste Pfarrer Stübi in dessen Heimatland.

Einmal verschlug es ihn auf die indonesische Insel Flores, ein andermal nach Guatemala. «Durch meine Reisen bin ich bescheidener geworden und habe verstanden, wie verschieden die katholische Kirche auf der ganzen Welt gelebt wird», sagt Josef Stübi.

Mit dem Herzen hören

Als er vor 15 Jahren – er war nun Badener Stadtpfarrer – die vielen kleinen Erstkommunionfeiern in den Pfarreien seines Zuständigkeitsgebietes auf die Kirchen in Baden und Ennetbaden konzentrieren wollte, protestierte der Pfarreirat in Mariawil. Als Pfarrer müsse er immer wieder einen Spagat machen. Er könne die nostalgischen Gefühle der Menschen verstehen, die an alten Strukturen festhalten wollten. Aber es sei unvermeidlich, Ressourcen zusammenzulegen und neue Strukturen aufzubauen.

Als Pfarrer befinde er sich oft zwischen gegensätzlichen Interessen. Die Kunst sei, mit dem Herzen zu hören und allen einen Platz zu geben. Etwa der Petrusbruderschaft, die in der Dreikönigskapelle ihre lateinische Messe hält. Oder der Pfarreiseelsorgerin, die in der Stadtkirche den Wortgottesdienst feiert.

Auseinandersetzungen gehören zum Geschäft

Er habe keine Angst vor Veränderungen, sehe gar Chancen unnötigen Ballast abzuwerfen, sagt der zukünftige Weihbischof. «Auch Auseinandersetzungen gehören zum Geschäft. Eine Grenze ist bei mir dann erreicht, wenn die einen den anderen den Glauben absprechen.»

Josef Stübi ist Mitglied im Priesterrat und Domherr des Standes Aargau. Er kennt sein Bistum aus verschiedenen Blickwinkeln, auch den Ruf nach Reformen. Etwa Verheiratete und Frauen für das Priesteramt zuzulassen. «Wenn die Frage produktiv angegangen wird, stehe ich dieser Entwicklung sicher nicht im Weg.»

Bischöfliche Insignien

Am 26. Februar wird Josef Stübi in der Kathedrale Solothurn von Bischof Felix Gmür geweiht. Am Ende unseres Gesprächs holt der zukünftige Bischof seinen Ring, den Bischofsstab, das Brustkreuz und die Mitra aus seiner Wohnung im oberen Stock. Josef Stübi ist nach Rom gereist, um in einem der dort zahlreichen Ausstattungsläden für geistliche Würdenträger seine Insignien zu kaufen: Den Konzilsring, den Papst Paul VI. den Bischöfen des zweiten vatikanischen Konzils schenkte, einen Bischofsstab aus Holz, das Brustkreuz mit dem Bild des guten Hirten, wie es Papst Franziskus trägt und eine Mitra, die so gut sitzen muss, dass sie beim Verneigen nicht vom Kopf fällt.

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