20.03.2024

Synodaler Prozess
Weltkirche prallt in Bern auf Schweizer Kirche

Von Sylvia Stam/ pfarrblatt Bern

  • Kardinal Mario Grech, Generalsekretär der weltweiten Bischofssynode, kam nach Bern, um über Synodalität zu sprechen.
  • Beim Austausch wurde spürbar, wie weit die Weltkirche von den Anliegen der Schweizer Kirche entfernt ist.

«Ich würde lieber über Mission sprechen als über Synodalität», sagte Kardinal Mario Grech in seiner Eingangsrede. Der Generalsekretär der Bischofssynode war eingeladen von den Schweizer Synodenteilnehmerinnen und -teilnehmern, um sich mit Vertretenden der Katholischen Kirche Schweiz über Synodalität auszutauschen. Tatsächlich sprach er vor den rund 60 Anwesenden viel von «Feuer», «Mission» und «Evangelisation». Eine synodale Kirche sei «eine Kirche mit Einsatz für die Mission», so Grech. Letzteres bedeute: «Den Menschen helfen, Jesus zu begegnen, mit Jesus in Kontakt zu treten.» Geführt werden soll dieser Prozess durch den Heiligen Geist. Synodalität bedeute, «dass der Heilige Geist präsent ist in allen Getauften». Dennoch ist für den Generalsekretär der Weltsynode klar: «Es gibt keine synodale Kirche ohne einen Bischof», und der Prozess verlaufe «unter der Leitung der Priesterschaft». Denn Aufgabe der Bischöfe sei es, «der Gemeinde zu helfen, die Stimme Gottes zu unterscheiden».

Rund 60 Menschen nehmen am Austausch über Synodalität in Bern teil. | Bild: Stefan Maurer

Kluft zwischen Rom und Bern

Wie gross die Kluft zwischen Grechs Worten und den brennenden Fragen der Schweizer Kirchenvertretenden ist, wurde am Nachmittag deutlich, insbesondere, als es um die Gleichberechtigung der Frauen und um demokratische Strukturen ging. Das Plädoyer für die Teilhabe von Frauen, eindringlich vorgebracht von Priorin Irene Gassmann, beantwortete der Kardinal mit dem Hinweis, die Kirche müsse «tiefgreifend theologisch nachdenken, wie wir Räume schaffen für den Beitrag, den Frauen der Kirche bringen können». Eine Aussage, die bei manchen Anwesenden ein Kopfschütteln auslöste. Insgesamt «vermisse ich in den Statements, die ich heute gehört habe, die Spiritualität», fasste der römische Kardinal seinen Eindruck des Nachmittags zusammen.

Priorin Irene bringt beim Besuch von Kardinal Grech ein Plädoyer für die Teilhabe von Frauen vor. | Bild: Stefan Maurer

Den Geist ernst nehmen

Dass er damit den Anwesenden das «Katholisch-Sein» quasi absprach, kam nicht bei allen gut an. «Das hat mich persönlich verletzt», sagt Renata Asal-Steger. «Das Feuer, von dem er immer sprach, das in uns brennen soll, hat er uns ein Stück weit abgesprochen. Ich hätte eine andere Offenheit erwartet.» «Die Kirche bewegt sich von verschiedenen Orten aus zum Zentrum, das Christus ist», sagt Nicola Ottiger, Leiterin des Ökumenischen Instituts an der Universität Luzern. «Wird das auch gesehen, oder wird latent unterstellt, dass wir hier in der Schweiz nicht mehr ‹richtig› glauben?» Sie nimmt den Kardinal beim Wort: «Wenn man den Heiligen Geist ernst nimmt, muss man auch die Vielfalt würdigen. Mit Hilfe des Heiligen Geistes lässt sich mutig mit Synodalität experimentieren und etwas wagen.» Bischof Gmür dankte Grech abschliessend für sein Kommen. «Du hast gehört, was uns unter den Nägeln brennt. Auf diese Fragen brauchen wir Antworten!»

Abt Urban Federer, Helena Jeppesen-Spuhler und Bischof Gmür beim Kardinalsbesuch in der Dreif in Bern. | Bild: Stefan Maurer
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