11.09.2023

Das Umweltzertifikat «Grüner Güggel» ist Herausforderung und Bereicherung
«Wer die Natur anschaut, wird wieder gläubig»

Von Marie-Christine Andres Schürch

  • Alois Metz begleitet ab Oktober 2023 interessierte Aargauer Pfarreien zum Umweltzertifikat «Grüner Güggel».
  • Der Umweltbeauftragte der Römisch-Katholischen Landeskirche setzt sich ein für eine Theologie, die sich mit der Wissenschaft austauscht, und für eine Kirche, die ihre Stimme für die Schöpfung erhebt.
  • Pfarreien und Kirchgemeinden im Aargau können sich bis am 30. September 2023 anmelden.

«Horizonte» trifft Alois Metz an seinem Arbeitsort, dem Verwaltungsgebäude der Römisch-Katholischen Landeskirche in Aarau. Der Mitarbeiter der Fachstelle «Bildung und Propstei» sitzt nicht am Schreibtisch, sondern im Garten unter dem Blätterdach einer jungen Kastanie. Vor ihm auf dem Tisch liegt das Notebook, doch er wird es nicht brauchen. Was Alois Metz zu sagen hat, leuchtet ein – ohne Exceltabellen und Checklisten.

Der Paulusgarten des Katholischen Kirchenzentrums Paulus Birrfeld ist ein blühender Beweis dafür, welche Früchte der Grüne Güggel hervorbringt. | © Roger Wehrli

Vor einem Jahr hat Alois Metz die Arbeit auf der Fachstelle «Bildung und Propstei» angetreten und den «Grünen Güggel» unter seine Fittiche genommen. Das kirchliche Umweltzertifikat hilft Pfarreien und Kirchgemeinden bei der Verbesserung ihrer Umweltleistung – und dabei, die Bewahrung der Schöpfung ins Bewusstsein zu rücken. Alois Metz ist überzeugt: «Eine Kirche, die sich ernsthaft mit der Bewahrung der Schöpfung auseinandersetzt, wird glaubwürdiger, denn das ist das grundlegende Thema.»

Jetzt anmelden für den 3. Konvoi!

Bald fällt der Startschuss für interessierte Pfarreien und Kirchgemeinden, die sich gemeinsam in einem Konvoi auf den Weg zum Umweltzertifikat «Grüner Güggel» machen wollen. Die Kick-off-Veranstaltung findet am 26. Oktober 2023 statt. Der Prozess dauert bis im Frühling 2025. Anmeldung bis am 30. September an landeskirche@kathaargau.ch, Stichwort «Grüner Güggel». Auskunft T 056 438 09 70 (Alois Metz).

Ein Meilenstein auf diesem Weg sei die päpstliche Enzyklika «Laudato sì», sagt Metz: «In diesem Text nimmt die Kirche die wissenschaftlichen Erkenntnisse ernst und zieht Schlüsse daraus. Papst Franziskus schafft es, durch seine Sprache jene Emotionalität hineinzubringen, die die Menschen berührt.» Formulierungen wie «Die Sorge ums gemeinsame Haus» oder «Wir vergessen, dass wir selber Erde sind» bewegen die Menschen und bringen sie zum Handeln. «Franziskus zeigt auf, dass Geld eine intakte Natur nicht aufwiegen kann.»

Die Kirche hat Gewicht

Metz weiss, dass es nicht reicht, wenn Einzelne etwas tun, es muss auch politisch etwas passieren. «Da kann und muss sich die Kirche einbringen», fordert er, und fügt mit Verweis auf Papst Franziskus hinzu: «Unser Chef will, dass sich etwas ändert. Mit unseren 1,38 Milliarden Mitgliedern haben wir als Kirche Gewicht.»

Alois Metz hat Bauingenieur studiert und ist «schon als Student mit der Jutetasche rumgerannt», wie er sagt. Später hat er ein altes Bauernhaus renoviert und viel gelernt über Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, dann liess er sich zum kirchlichen Umweltberater ausbilden. Sein Interesse für das Thema erstreckt sich von den technischen Möglichkeiten der Photovoltaik über Details der menschlichen Gen-Entwicklung bis hin zum Pflanzen von Gartenerbsen. Alois Metz ist überzeugt, dass Wissenschaft und Theologie einander nicht widersprechen, sondern sich so ergänzen, dass etwas Geniales entsteht. «Wenn ich die Natur anschaue, werde ich wieder gläubig.»

Gemeinsam im Konvoi unterwegs

Seit dem Jahr 2020 haben neun Pfarreien und Kirchgemeinden im Aargau das Umweltmanagementsystem «Grüner Güggel» installiert. Da liegt noch viel Potenzial brach und Metz fordert als leidenschaftlicher Fürsprecher des «Grünen Güggel» die Pfarreien auf: «Macht ihn doch! Dann ist der Schutz der Umwelt festgeschrieben, auch wenn das Personal in der Pfarrei wechselt.» Im Oktober startet der 3. Konvoi für interessierte Kirchgemeinden.

Das Label Grüner Güggel

Das Umweltmanagementsystem (UMS) Grüner Güggel hilft Kirchgemeinden bei der Verbesserung ihrer Umweltleistung. Es dient der Optimierung des Ressourcenverbrauchs, spart Betriebskosten und wirkt langfristig und motivierend über die Gemeindegrenzen hinaus.

Der Weg zum Grünen Güggel erfolgt in zehn Schritten: Eine Umweltgruppe erarbeitet in einem Umweltprogramm die wichtigsten Massnahmen, sei es beim Energiesparen, bei der Büroökologie oder bei der Umgebungsgestaltung. Schöpfungsleitlinien halten die wichtigsten Grundsätze für das umweltgerechte Gemeindeleben fest. Klare Abläufe und Verantwortlichkeiten stellen sicher, dass Umweltfragen regelmässig bearbeitet werden. Alle weiteren Infos gibt es auf der Webseite www.oeku.ch

Die Pfarreien profitieren im Konvoi von fachlicher und finanzieller Unterstützung durch die Landeskirche und den Verein «oeku Kirche für die Umwelt». Dass die Teilnehmenden ein Umweltteam gründen müssen, sieht Metz als Chance: «Die Bewahrung der Schöpfung interessiert junge Menschen. Pfarreien können sie ins Umweltteam holen und an ihrem Wissen und ihrer Weltsicht teilhaben.» Er begegnet auch den finanziellen Bedenken: «Den Aufwand für diesen Prozess hat eine Pfarrei nach fünf Jahren guten Wirtschaftens wieder reingeholt – dank weniger Energie- und Ressourcenverbrauch sowie dem Beitrag der Landeskirche von 3000 Franken.» Jede Kirchgemeinde setze den Hebel dort an, wo es für sie am sinnvollsten sei, erklärt er. Ob sie Energie oder Wasser sparen, die Biodiversität fördern, umweltfreundlich einkaufen oder auf konsequente Abfalltrennung achten will, entscheidet jede Pfarrei für sich.

Lustvoll die Schöpfung bewahren

Alois Metz freut sich über die Pfarreien, bei denen der «Grüne Güggel» bereits eingezogen ist: «Da spüre ich Ernsthaftigkeit, aber auch viel Lust am Umgang mit der Materie. Wenn es rund um die Kirchengebäude wuchert, grünt und blüht, tragen die Pfarreien damit ihre Überzeugung und ihren Glauben nach Aussen.»

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