22.12.2022

Priester Adrian Bolzern hat geheiratet und wird nun gemäss Kirchengesetz laisiert
Wo Gott spricht, da siegt die Liebe

Von Christian Breitschmid

  • Adrian Bolzern, im Aargau und weit darüber hinaus vor allem bekannt als «der Zirkuspfarrer», hat geheiratet und wird bald Vater.
  • Das wird ein neuer Weg für ihn und eine Chance für die Kirche.
  • Bischof Felix und die Römisch-Katholische Kirche im Aargau stehen hinter dem beliebten Seelsorger.

Während für die grosse Synode 2021-2024 in Rom noch fleissig debattiert wird über Themen wie das Frauenordinariat oder den Zölibat, ist der Priester Adrian Bolzern einfach dem Ruf seines Herzens gefolgt und hat geheiratet. Er hätte das auch anders regeln können, wie so viele Priester vor ihm. Er hätte seine Katja einfach als gute Freundin oder gute Bekannte ausgeben können, hätte in der Öffentlichkeit so getan, als hätten er als Priester und sie als Kirchenmusikerin vor allem beruflich miteinander zu tun, und wenn sie dann schwanger geworden wäre, dann hätte man sich irgendeine Geschichte einfallen lassen, die von den Leuten geschluckt worden wäre.

Bischof zeigt Verständnis

Nun entspricht diese Art von Versteckspiel aber so gar nicht dem Charakter des beliebten Seelsorgers der Schweizer Zirkusleute, Schausteller und Markthändler. Also suchte er das Gespräch mit seinem Bischof und siehe da: «Er hat viel Verständnis gezeigt; er ist ein echter Hirte.» Bischof Felix hatte natürlich keine andere Wahl, als die Laisierung seines Zirkuspfarrers und Kaplans der Aarauer Pfarrei St. Peter und Paul in die Wege zu leiten. Aber auch wenn der geweihte Priester nach der kirchenrechtlichen Entbindung von seinen klerikalen Befugnissen keine Sakramente mehr spenden darf, so soll er dem Bistum dennoch als Seelsorger erhalten bleiben. «Momentan beschäftigt mich das Bistum als Zirkus-, Schausteller- und Markthändlerkoordinator», erklärt Bolzern, «aber mein Ziel ist es, nach der Laisierung wieder zu 50 Prozent als Seelsorger auf diesem Gebiet tätig zu sein und zu 40 Prozent als Gehörlosenseelsorger.»

Bolzern ist sehr froh über das Entgegenkommen von Bischof Felix, denn: «Ich verdanke der Kirche viel. Es war auch ein langer und oft steiniger Weg, bis zu meiner Priesterweihe vor zehn Jahren. Aber ich bin diesen Weg sehr bewusst und aus Überzeugung gegangen und habe meine Entscheidung nie bereut.» Deshalb wolle er gerne auch weiterhin für diese Kirche arbeiten, sagt der 43-Jährige, der zusammen mit seiner zwölf Jahre jüngeren Frau im kommenden Frühling ihr erstes Kind erwartet. Dieser glückliche Umstand sei aber nicht der Grund gewesen, warum sie geheiratet hätten, betont Bolzern: «Als ich im Sommer 2021 dem Bischof von unserer Beziehung berichtete, war schon klar, dass wir heiraten würden. Dass Katja dann früher schwanger wurde, als wir erwartet hatten, sahen wir als Zeichen dafür, dass Gott ja gesagt hatte zu unserer Verbindung.»

Wie Ente und Igel

Im Matthäusevangelium (Mt 19,6) steht: «Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.» Vor dem Hintergrund dieses Jesuswortes sollte es einen wenig erstaunen, dass die Schlagzeile «Pfarrer heiratet Kirchenmusikerin» nicht für mehr medialen Wirbel und katholische Empörung gesorgt hat. Aber Bolzern beurteilt das viel pragmatischer: «Wir hatten etwas Glück, denn einen Tag, bevor der Beitrag über uns in der Aargauer Zeitung erschien, starb Queen Elisabeth. Dieses Ereignis beschäftigte die Medien und die Leute viel mehr als ein Priester, der heiraten wollte. Vielleicht sieht man das heute auch nicht mehr als so tragisch an wie noch vor 50 Jahren. Und dann kann es sich die Kirche beim aktuell vorherrschenden Personalmangel auch schlicht nicht mehr leisten, einen ausgebildeten Seelsorger einfach in die Wüste zu schicken.»

Wäre das doch passiert, dann hätte der leutselige Kirchenmann bereits Alternativen in petto gehabt. Freiberuflicher Ritualbegleiter wäre die eine gewesen, eine Pfarrstelle bei der christkatholischen Schwesterkirche die andere. Wenn aber alles nach Wunsch verläuft, dann bleibt er der römisch-katholischen Kirche erhalten, nicht nur als Seelsorger, sondern bald auch als Buchautor. Er will mit seiner Frau zusammen ein Kinderbuch realisieren, das ihrer beider Geschichte erzählt: «Ente Katja und Igel Adrian finden in dieser Geschichte zueinander und werden ein Paar, obwohl sie ja eigentlich gar nicht zusammenpassen», verrät Bolzern mit verschmitztem Lächeln, «wie ein Priester und eine Frau.»

Grosse Pläne

Ein Buchprojekt wie das von der Ente und ihrem Igel muss natürlich erst einmal finanziert sein. Das organisieren Adrian und Katja Bolzern über die Crowdfundingwebsite www.lokalhelden.ch. Ente und Igel sind aber nicht nur die Hauptfiguren ihres gemeinsamen Kinderbuchs, sie werden als Symbolfiguren und Maskottchen auch während der kirchlichen Hochzeit der beiden immer wieder auftauchen.

Wenn alles so klappt, wie geplant, ihr erstes Kind geboren und die berufliche Zukunft des jungen Paares gesichert ist, dann gehen ihre Pläne auch schon weiter: «Katja und ich haben schon immer gesagt, dass es schön wäre, viele Kinder zu haben. Man weiss ja nie, was kommt, aber unser Ziel wären schon vier Kinder.» Sagt’s und bettet das Kissen mit dem Photodruck von ihm und seiner Frau wieder sorgsam an seinen sonnigen Platz auf dem Familiensofa.

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