10.07.2019

Burghard Förster: «Verstärken, was da ist»

Von Anne Burgmer

  • Burghard Förster, Pfarreileiter in Peter und Paul Aarau, ist nicht einfach «zu fassen».
  • Der passionierte Fotograf versteht sein Handeln als Dienst. In diesem Sinne ist er Diakon.
  • Mit diesem Porträt beendet Horizonte die Serie «Priester und Diakone» (siehe Zusatztext).

 

Der heimliche Star im Raum ist Paula. Die junge Katze lief Burghard Förster, Diakon und Pfarreileiter in Peter und Paul Aarau, vergangenen September zu und ist geblieben. «Sie wohnt bei mir. Morgens frage ich sie, ob sie mit ins Pfarrhaus kommen möchte, und dann klettert sie in das Transportkörbchen», beschreibt der 55-Jährige den getigerten Vierbeiner, der auch mit einem Foto auf dem Instagram-Account der Pfarrei auftaucht.

Stürmischer Beginn in Aarau

Burghard Förster, Jahrgang 1964, geboren und aufgewachsen in der Nähe von Frankfurt am Main, ist seit 1998 in der Schweiz. Erst war er drei Jahre in Sursee, pendelte dann während dreier Jahre nochmals ins Deutsche und arbeitete ab 2004 als Theologe 13 Jahre  in der Seelsorge und als Erwachsenenbildner in Luzern in der Pfarrei St. Anton und St. Michael. 2018 kam er in den Aargau. «Es ist ein Running Gag, dass Burghard mit dem Sturm Burglind in Aarau ankam», sagt der Seelsorger schmunzelnd.

Der Vater von vier Kindern ist nicht leicht zu fassen. Mehr als einmal kommt ihm etwas in den Sinn, weswegen er überraschend zum Regal oder Pult schnellt und etwas holt, das er zeigen möchte. Gleichzeitig spricht er mit Bedacht und langsam, pausiert unerwartet im Satz. Seit er sechs Jahre alt ist, praktiziert Burghard Förster Judo, hat den schwarzen Gürtel. Vielleicht liegt die Irritation ihm gegenüber daran.

«Das Ordensgewand ist doch keine Anstecknadel»

Vielleicht hängt sie aber auch mit dem zusammen, was Burghard Förster sagt. Zwar ist er geweihter Diakon, doch er versteht sich nicht als Kleriker. «Ich übe die klassischen Aufgaben des Diakons im Gottesdienst nicht oder nur in absoluten Ausnahmesituationen aus. Die Weihe habe ich in der Überzeugung empfangen, dass sie eine Art Unterschrift unter eine bereits vorhandene Befähigung ist. In diesem Sinne wäre es für mich richtig, wenn auch Frauen zu Diakoninnen geweiht werden könnten», stellt Burghard Förster klar.

Der Theologe transportiert damit ein Verständnis des Diakons, wie es eher im deutschen Nachbarland zu finden ist. Dort sind Diakone nicht zwingend Volltheologen, die in der Pfarrei- oder Pastoralraumleitung tätig sind. Sie arbeiten vielmehr häufig in säkularen Berufen und übernehmen zusätzlich Aufgaben in der Pfarrei. Burghard Förster verdeutlicht, womit er ein Problem hat: «Ich war einige Jahre im Franziskanerorden. Dort gab es Mitbrüder, die das Ordensgewand wie eine übergrosse Anstecknadel trugen. Doch letztlich sollte es doch um Augenhöhe zwischen Getauften gehen!»

«Verstärken, was bereits da ist»

Seine Grundhaltung, auch in der Leitung, beschreibt der Seelsorger als ein «aufmerksames fliessen lassen, um zu verstärken, was bereits da ist.» Burghard Förster ist selbstbewusst und weiss, was er will: «Ich will tun, was ich offiziell darf und dabei reize ich die Grenzen aus. Doch das hat ein Ziel: Zu zeigen, dass Kirche und Glaube eine Relevanz für das Leben haben.» Eine Relevanz, deren Vermittlung für Burghard Förster stark an verständlicher Sprache, ehrlichem Auftreten auf Augenhöhe und der Bereitschaft hängt, sich der Welt auszusetzen und ihr Antworten zu geben. Nicht von ungefähr setzte sich Burghard Förster in Anlehnung an eine Aktion der Künstlerin Marina Abramovic bei «Achtsames Aarau» gegenüber eines leeren Stuhls hin – bereit für jeden, der Platz nehmen wollte. Um zu zeigen: Der Diakon ist anwesend.

Der passionierte Fotograf versteht sein Handeln als Dienst. In diesem Sinne ist er Diakon. Dafür schöpft er aus allem, was er im Leben gelernt und erfahren hat, knüpft Kontakte zu nicht-kirchlichen Akteuren, unterstützt auch kontroverse Aktionen. Am Frauenstreik stellte er einerseits das Pfarrhaus für die Bastelaktion der pinken Mitren zur Verfügung und läutete die Glocken. Andererseits war er mit denjenigen aus der Pfarrgemeinde im Gespräch, die sich durch die Aktion provoziert fühlten. «Als Seelsorgeteam in Aarau wollen wir uns nicht damit zufriedengeben, dass am Sonntag unsere Klientel in der Kirche sitzt», sagt der Theologe bestimmt und zeigt durch das Fenster auf den Platz zwischen Pfarrhaus und Kirche, bevor er anfügt, «besonders hier in der Pfarrei, wo das Leben reindrückt. Ich möchte als katholische Kirche keine Parallelgesellschaft.»

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