25.05.2023

Die Gletscherzeremonie von Fastenaktion erinnert an die globalen Folgen des Klimawandels
«Klimaschutz ist Ausdruck einer umfassenden Verantwortung für die Schöpfung»

Von Annalena Müller/kath.ch

  • Der Morteratsch ist einer von 200’000 Gletschern, die vom Klimawandel bedroht sind.
  • Rund 150 Personen gedachten am vergangenen Samstag der schmelzenden Gletscher, die wichtige Wasserspeicher sind – in der Schweiz und weltweit.
  • Die Teilnehmenden forderten ein «Ja» zum Klimaschutzgesetz am 18. Juni.

Der Morteratsch in Graubünden liegt im atemberaubenden Bergpanorama der Berninagruppe. Wer sich die Mühe macht, zum Gletscher aufzusteigen, sieht nicht nur wunderschöne Natur, sondern auch die Folgen des Klimawandels. Bald wird der Morteratsch-Gletscher wohl ganz verschwunden sein. Auch deshalb wählten die Organisatoren und Organisatorinnen diesen eindrücklichen Ort für die Gedenkzeremonie. Die Zeremonie am Fusse des Morteratsch organsierte ein Bündnis aus Fastenaktion, HEKS, Alpen-Initiative, Vereinigung Bündner Umweltverbände, Klimaseniorinnen, Christ:innen für Klimaschutz und Verein Klimaschutz.

Zentral für Wasserversorgung

Der Glaziologe Matthias Huss von der ETH Zürich erforscht den Morteratsch-Gletscher seit über einem Jahrzehnt. Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen vor über 100 Jahren sei der Gletscherrückgang in den Alpen so stark gewesen wie in den letzten Jahren, erklärt Matthias Huss. Der Morteratsch ist einer von weltweit 200’000 Gletschern, die vom menschengemachten Klimawandel bedroht sind. Die Gletscher versorgen 20 Prozent der Weltbevölkerung mit Trinkwasser. Ohne sie droht 1,6 Milliarden Menschen Hunger und Durst. «Darauf möchten wir mit der Zeremonie aufmerksam machen und zeigen, wie dringend wir das Klimaschutzgesetz brauchen», sagt Bernd Nilles von der Fastenaktion.

Der Berg ruft, die Menschen kommen

Ungefähr 150 Personen machten sich am Samstag trotz Regen auf den Weg zum Morteratsch. Darunter viele Familien mit Kindern. «Es kamen doppelt so viele wie erwartet», freut sich Nilles. Im Rahmen der Zeremonie gab Erika Cahenzli, Kirchenratspräsidentin der evangelisch-reformierten Landeskirche Graubünden, einen geistlichen Impuls. Sie problematisiert den Klimawandel aus christlicher Perspektive: «Klimaschutz ist Ausdruck einer umfassenden Verantwortung für die Schöpfung. Es geht um den Schutz der Lebensgrundlagen für alle Lebewesen, heute und in Zukunft.»

Philippinische Delegation

Unter den Berggängern war auch eine philippinische Delegation. Pater Tony Labiao von Social Action der philippinischen Bischofskonferenz, Jing Rey Henderson, Kommunikationschefin von Partnership Development sowie Nelsie Uy von Caritas Philippinen. Für Henderson und Uy war die Zeremonie etwas vollkommen Neues: «Nicht nur, weil wir zum ersten Mal einen Gletscher gesehen haben. Nein, es war auch eindrücklich, dass so viele Leute – über alle Generationen hinweg – solch eine Zeremonie zusammen feiern.» Pater Tony Labiao forderte die Schweiz und die industrialisierten Länder auf, dringend etwas gegen den Klimawandel zu tun. Denn die Folgen müssten primär die ärmsten Länder tragen. Alle Teilnehmenden hoffen, dass die Schweiz am 18. Juni das Klimaschutz­gesetz annehmen wird. Momentan deuten die Umfragen darauf hin.


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